Heizungsstreit in der Koalition Bekommt die Koalition die Heizungs-Kurve?

Berlin · Die Ampel streitet ums Heizungsgesetz, die Bürger sind verunsichert. Gelingt der Ampel noch ein Kompromiss vor der Sommerpause, der die Diskussionen beendet? Zumindest scheinen die Chancen in dieser Woche gestiegen, Details stehen aber noch aus. Was bislang bekannt ist.

 Für Neubauten könnten klimafreundliche Heizungen wie etwa Wärmepumpen ab 1. Januar 2024 zur Vorschrift werden.

Für Neubauten könnten klimafreundliche Heizungen wie etwa Wärmepumpen ab 1. Januar 2024 zur Vorschrift werden.

Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Gelingt es der Ampel, den gordischen Knoten zu lösen? Keine Debatte hat die Regierung aus SPD, Grünen und FDP bislang so heftig streiten lassen wie die Debatte um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) aus dem Hause von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). SPD und Grüne pochen auf eine Verabschiedung noch vor der Sommerpause. Dafür müssen die Liberalen allerdings ihre Weigerung aufgeben, den Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen. In dieser Woche sind die Chancen zumindest gestiegen. Am Mittwoch verhandelten die Vize-Chefs der Ampel-Fraktionen weiter, am Dienstagabend hatte es eine virtuelle, gut zweistündige Gesprächsrunde von Ampel-Berichterstattern mit Habeck gegeben.

Worum geht es beim Heizungsgesetz?

Laut Gesetzentwurf soll von Anfang 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energien betrieben werden. Alternativ kann auch auf klimaneutral erzeugte Wärme aus einem Wärmenetz umgestellt werden. Der Umstieg soll sozial abgefedert werden, außerdem soll es Übergangsfristen und Härtefallregelungen geben. Die Details sind in der Koalition aber heftig umstritten, obwohl das Bundeskabinett dem Entwurf einstimmig zugestimmt hatte.

Wie könnte ein Kompromiss aussehen?

Anpassungen könnte es nun beim Starttermin geben. Statt ab 1. Januar 2024 gleich für alle Gebäude zu gelten, könnte der Beginn zunächst nur für Neubauten greifen. Beim Altbaubestand könnte mehr Zeit eingeräumt werden. Auch bei den zugelassenen Heizungen gibt es wohl Spielraum, etwa bei der weiteren Nutzung von Holzpellets und Biomasse. Auch der Fernwärme könnte nun noch mehr Bedeutung beigemessen werden, insbesondere in den Städten, wo die Bebauung eng ist.

Warum drückt Wirtschaftsminister Habeck so aufs Tempo?

Das GEG noch vor der am 7. Juli beginnenden parlamentarischen Sommerpause durch den Bundestag zu bringen, damit es am 1. Januar 2024 in Kraft treten kann, ist das große Ziel Habecks. Alles andere würde dem Klimaschutz und der Planungssicherheit der Bürger schaden, sagt der Grüne. Allerdings gibt es auch parteipolitische Gründe: Die Grünen wollen das GEG aus den Landtagswahlen in Hessen und Bayern heraushalten. Am 8. Oktober wird dort gewählt. Zudem könnten Verzögerungen im Zeitplan auch dazu führen, dass das Thema den nächsten Bundestagswahlkampf tangiert. Das Heizungsgesetz hat vor allem den Grünen erhebliche Verluste in Umfragen beschert. Zudem kommt es den Grünen auf eine großzügige Förderung an. Die Fraktion fordert, Haushalte mit niedrigen Jahreseinkommen bis 20.000 Euro mit bis zu 80 Prozent zu bezuschussen, wenn sie eine neue Heizung einbauen.

Wie ist der Standpunkt der FDP?

Die FDP hat mittlerweile verbal abgerüstet. FDP-Fraktionschef Christian Dürr zeigte sich am Mittwoch zufrieden. „Nachdem Herr Habeck seine Bereitschaft signalisiert hat, über zentrale Probleme des Heizungsgesetzes zu sprechen, bin ich zuversichtlich, dass wir vorankommen werden", sagte Dürr unserer Redaktion. „Wichtig ist uns, dass wir ein praxistaugliches Gesetz auf den Weg bringen, bei dem Kommunen und Versorger grünes Licht geben", sagte Dürr. „Die Städte, Gemeinden und Stadtwerke sind diejenigen, die eine klimaneutrale Infrastruktur fürs Heizen vor Ort umsetzen müssen. Es reicht nicht aus, Technologieoffenheit in ein Gesetz zu schreiben, ohne zu sagen, wie das Ganze in der Praxis aussehen soll", betonte Dürr.

Was will die SPD durchsetzen?

Auch die SPD will eine Verabschiedung vor der Sommerpause. „Die Menschen wollen wissen, wie es mit ihren Heizungen weitergeht und mit welcher Förderung sie rechnen können“, sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, unserer Redaktion. Mit gutem Willen sei das zu schaffen, die Gespräche der Fraktionsvize verliefen „sehr vertraulich und konstruktiv“. Für die SPD-Fraktion stünden „Fragen der Bezahlbarkeit, ein breiter Technologiemix und lebensnahe Fristen und Übergangsregelungen im Vordergrund". SPD-Berichterstatter Timon Gremmels zog ein positives Fazit des Gesprächs mit Minister Habeck, an dem er teilnahm. Der SPD sei wichtig, „dass das Gesetz grundsätzlich auch klimafreundliche Heizungen mit Holzpellets und Biomasse ermöglicht. Außerdem ist die Förderung entscheidend für uns: Beim Heizungstausch darf keiner zurückgelassen werden“, sagte Gremmels.

Was hat das Heizungsgesetz mit der kommunalen Wärmeplanung zu tun?

Auch hier gibt es Auseinandersetzungen in der Koalition. Das Gesetz für kommunale Wärmeplanung ist eng verbunden mit dem Gebäudeenergiegesetz. Länder und Kommunen sollen in den kommenden Jahren konkrete Pläne vorlegen, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimaneutral umbauen wollen. Für Großstädte sollen diese Wärmepläne bis Ende 2026 fertig sein, kleinere Städte haben zwei Jahre länger Zeit. Das Ziel: Die Bürger sollen später wählen können, ob sie eine eigene klimafreundliche Heizung einbauen oder sich lieber einem klimafreundlichen Wärmenetz anschließen. Man habe zwar zugestimmt, den Entwurf zur Beratung an Länder und Verbände zu verschicken, hieß es am Mittwoch aus Kreisen des Finanzministeriums. Doch: „Eine inhaltliche Zustimmung ist mit diesem Schritt ausdrücklich nicht verbunden.“ Im Ministerium von FDP-Chef Christian Lindner gibt es auch hier fachliche Bedenken.

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