Streit um Impfpflicht Bundestag entscheidet heute über Impfpflicht: Union will bei Abstimmung hart bleiben

Berlin · Kommt die Corona-Impfpflicht oder nicht? Am heutigen Donnerstag entscheidet der Bundestag nach monatelanger Debatte. Die Abstimmung könnte zu einem politischen Nervenkrimi werden.

Ein Impfling lässt sich im Impfzentrum mit dem Corona-Impfstoff von Novavax impfen. (Archiv)

Ein Impfling lässt sich im Impfzentrum mit dem Corona-Impfstoff von Novavax impfen. (Archiv)

Foto: dpa/Robert Michael

Der lange Streit um eine allgemeine Corona-Impfpflicht wird an diesem Donnerstag im Bundestag entschieden. So viel scheint sicher. Wie die Abstimmung ausgehen wird, ist hingegen nicht absehbar. Bis zuletzt hatten Befürworter einer allgemeinen Impfpflicht und insbesondere die Mitglieder der Unionsfraktion auf ihren Positionen beharrt. Vor der Entscheidung im Parlament zeichnet sich damit ein Nervenkrimi ab – denn keine Seite verfügt bislang über eine klare Mehrheit der Abgeordnetenstimmen.

Bis Mittwochnachmittag blieben die Fronten zwischen den Ampel-Abgeordneten, die sofort eine Impfpflicht wollen, und der Union, die sie nur auf Vorrat vorbereiten will, verhärtet. Die Impfpflicht ab 60 war am Dienstag der Kompromiss der beiden verschiedenen Gruppen mit Vertretern aus SPD, Grünen und FDP, die zuvor eine Impfpflicht ab 18 und eine Impfpflicht ab 50 vorgesehen hatten. Ihr gemeinsamer Antrag sieht neben der Pflicht für alle ab 60-Jährigen eine Impfberatung für jüngere, nicht geimpfte Erwachsene vor, mit der Option, für sie im Herbst auch eine Pflicht zu beschließen, sollte die Impfquote dann noch ausreichend sein.

Eine Einigung mit der Union, die mit ihren 197 Stimmen im Parlament eine entscheidende Rolle bei der Abstimmung spielen könnte, gelang aber nicht. Sie bestand weiter auf ihrem Impfvorsorgegesetz, nach dem über eine Impfpflicht insgesamt erst im Herbst entschieden würde.

Bei der Abstimmung reicht eine einfache Mehrheit. Es müssen also nicht mindestens 369 aller 736 Abgeordneten dafür stimmen, sondern es wäre genug, wenn von den anwesenden Parlamentariern mehr mit Ja als mit Nein stimmen. Die ursprünglichen Impfpflichtbefürworter (Gruppe „Impfpflicht ab 18“ und Gruppe „mögliche Impfpflicht ab 50“) die sich nun zusammengetan haben, hätten, wenn alle bisherigen Anhänger dieser beiden Gruppen dem zusammengelegten Vorschlag zustimmen, mindestens 282 Abgeordnete auf ihrer Seite. Dem gegenüber stünden bei voller Anwesenheit theoretisch 197 Abgeordnete der Union, 80 der AfD und 50 der Gruppe Kubicki. Wie es ausgeht, ist dennoch offen. Ursprünglich war eine Abstimmung ohne Fraktionszwang geplant.

Es dürfte auch darauf ankommen, in welcher Reihenfolge abgestimmt wird. Wäre der Impfpflicht-Entwurf zuerst dran und bekäme keine Mehrheit, könnten theoretisch einige seiner Befürworter zum Beispiel bei der Union mitstimmen, bevor es überhaupt keine Regelung gibt. Umgekehrt könnte es ähnlich laufen: Würden alle anderen Vorlagen abgeschmettert und erst zum Schluss käme der Impfpflicht-Vorschlag dran, könnten sich dem theoretisch weitere Abgeordnete anschließen, um überhaupt zu einem Ergebnis zu kommen. Möglicherweise bekommt aber auch kein Vorschlag eine Mehrheit.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), kündigte an, dass die Unionsabgeordneten dem eigenen Kompromiss eines Impfvorsorgegesetzes geschlossen zustimmen und alle anderen Vorlagen ablehnen würden. Er warnte die Ampel-Fraktionen vor Tricks bei der Abstimmungsreihenfolge. „Der Gipfel ist nun, dass die Ampel offenbar plant, aus taktischen Gründen die Reihenfolge der Abstimmungen auf den Kopf zu stellen“, sagte Sorge. „Das wäre ein Tiefpunkt der parlamentarischen Kultur und ein Bruch mit Gepflogenheiten, die unter Demokraten gelten. Ein solcher Winkelzug würde langanhaltend Schaden anrichten.“

(jd/dpa/epd)
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