Corona-Maßnahmen Mehr Länder wollen 2G-Regeln einführen

Berlin · Auf Ungeimpfte kommen immer mehr Einschränkungen zu. Doch wie genau das aussehen soll - darüber gibt es heftige Debatten. Insbesondere, wenn es um 2G-Vorgaben für Familien geht.

 Vor einer Bar in Hamburg steht ein Hinweisschild, welches auf den Einlass nach der 2G-Regel hinweist. (Archiv)

Vor einer Bar in Hamburg steht ein Hinweisschild, welches auf den Einlass nach der 2G-Regel hinweist. (Archiv)

Foto: dpa/Axel Heimken

Immer mehr Bundesländer wollen so genannte 2G-Vorschriften umsetzen, wonach nur noch Geimpfte und Genesene Zugang beispielsweise zu Restaurants und Veranstaltungen erhalten sollen. Nordrhein-Westfalen erwägt einen solchen Schritt, acht andere Länder haben sie bereits eingeführt, darunter Hessen, Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg, Sachsen, Niedersachsen und Baden-Württemberg. Hamburg hatte Gastronomen und Veranstaltern die Möglichkeit gegeben, nur noch Geimpfte und Genesene in Innenräume zu lassen, und im Gegenzug auf Tanzverbote und Platzbeschränkungen zu verzichten.

Doch Berlin ist nach massiver Kritik an den Regeln für Familien jetzt zurückgerudert. In der Hauptstadt dürfen nun doch auch Kinder unter zwölf Jahren Zugang zu Restaurants oder Veranstaltungen haben, die sonst nur von Geimpften und Genesenen besucht werden dürfen. Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte dazu aufgerufen, bei der Umsetzung sogenannter 2G-Regeln in der Corona-Pandemie Rücksicht auf Familien mit Kindern zu nehmen. Familien dürften nicht noch einmal zusätzlich belastet werden, sagte Lambrecht.

Ärztepräsident Klaus Reinhardt hat die Pläne von Bund und Ländern zur Einführung einer 2G-Regelung im öffentlichen Leben scharf kritisiert und allenfalls eine 3-Regelung empfohlen. „Es darf nicht um Drohkulissen und Strafmaßnahmen für Impfunwillige gehen, sondern allein darum, eine erneute Dauerbelastung unseres Gesundheitswesens zu verhindern“, sagte Reinhardt unserer Redaktion. „Sollten die Corona-Infektionszahlen im Herbst weiter deutlich zunehmen und die Zahl der schweren Verläufe stark ansteigen, kann es gerechtfertigt sein, einige Angebote des öffentlichen Lebens an einen Impfnachweis, ein negatives Testergebnis oder den Nachweis einer überstandene Corona-Infektion zu knüpfen“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer. „Solche Maßnahmen lassen sich aber nur dann rechtfertigen, wenn die Sicherstellung der stationären Versorgung von Covid-19-Erkrankten wie auch von anderen Patientinnen und Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen akut gefährdet sein sollte“, sagte Reinhardt.

Für Debatten sorgt zudem die Frage, ob Ungeimpfte bald keinen Anspruch auf Entschädigung bei Verdienstausfällen wegen angeordneter Quarantäne mehr haben sollen. „Ich halte solche Maßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt für unangemessen und kontraproduktiv“, betonte Ärztechef Reinhardt. „Erkrankte Menschen könnten versucht sein, eine Infektion oder einen möglichen Risikokontakt zu verheimlichen, um einen finanziellen Schaden zu vermeiden. Damit würden sie nicht nur sich selbst gefährden, sondern natürlich auch andere“, warnte Reinhardt. „Wir sollten vielmehr noch stärker und gezielter versuchen, bestehende Zweifel an den Impfungen zu zerstreuen und Fake-News  über das Impfen, zum Beispiel in sozialen Netzwerken, konsequent zu korrigieren.“

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sprach sich unterdessen für eine Auskunftspflicht der Mitarbeiter über eine Corona-Impfung beim Arbeitgeber aus. „Überall dort, wo Betriebe direkten Kundenkontakt haben, brauchen wir - natürlich nur solange die pandemische Lage festgestellt ist - eine Auskunftspflicht über den Corona-Impfstatus“, sagte Wollseifer. „Unsere jüngste Umfrage von Ende August ergab: Fast jeder vierte Handwerksbetrieb weiß derzeit nicht, ob alle seine Mitarbeiter geimpft sind. Und von den Betrieben, bei denen dies daran liegt, dass ihre Beschäftigten eine entsprechende Auskunft verweigern, gab jeder zehnte Betrieb an, dass er Aufträge verschieben musste oder sogar ganz verloren hat, weil die Kunden nur noch geimpfte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter haben wollen“, sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). Wollseifer sprach sich auch für ein Ende der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für ungeimpte Mitarbeiter aus. „Ich persönlich kann gut nachvollziehen, dass die Mehrzahl der Bundesländer Ungeimpften die Lohnfortzahlung im Quarantänefall nicht mehr gewähren will, auch um so den Anreiz zum Impfen und damit die Impfquote deutlich zu erhöhen“, sagte er. „Wenn sich jemand dann aber bewusst entscheidet, sich nicht impfen zu lassen, warum soll es dann der Allgemeinheit zuzumuten sein, die Lohnfortzahlung in der Quarantäne zu übernehmen“, sagte der ZDH-Präsident.

(jd/mar/dpa)
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