Vor dem Bund-Länder-Treffen Bund strebt frühere Wirkung der Gaspreisbremse an

Berlin · Vor dem Treffen der Länderchefs mit Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch wächst der Druck für eine Einigung in mehreren Finanzfragen. Noch geben sich die Landesregierungen optimistisch – doch die Forderungen an den Bund sind weitreichend. Auch bei der Gaspreisbremse, bei der es zu einem Kompromiss kommen könnte.

Treffen ohne wesentliche Ergebnisse: Die Beratungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (M, SPD), Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, und Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Anfang Oktober waren ohne Beschlüsse zu Gaspreisbremse und Co zu Ende gegangen. (Archiv)

Treffen ohne wesentliche Ergebnisse: Die Beratungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (M, SPD), Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, und Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Anfang Oktober waren ohne Beschlüsse zu Gaspreisbremse und Co zu Ende gegangen. (Archiv)

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) hat vor dem Treffen der Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf die bisherige Position der Länder gepocht und einen Gaspreisdeckel bereits zu Beginn des neuen Jahres gefordert. Ramelow sagte unserer Redaktion: „Gerade bei der Deckelung der Energiekosten ist für die Bürgerinnen und Bürger Verlässlichkeit dringend geboten. Privatkunden und Gewerbetreibende müssen planen können. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, die Sorgen vor Energiearmut zu begrenzen.“ Der Gaspreisdeckel müsse bereits zum 1. Januar eingeführt werden.

Die Forderung der Länder nach einem Vorziehen der Gaspreisbremse auf Januar war von Versorgern mit Verweis auf Umsetzungsschwierigkeiten abgelehnt worden. In dem Beschlussvorschlag des Bundeskanzleramts für das Treffen mit den Ländern ist nun der 1. März wie von der Kommission vorgeschlagen hinterlegt – jedoch versehen mit einer möglichen Kompromisslinie versehen. So heißt es in dem Papier: „Die Gaspreisbremse wird wie von den Expertinnen und Experten vorgeschlagen, zum 1. März 2023 eingeführt. Eine Rückwirkung zum 1. Februar 2023 wird angestrebt.“

Zuletzt hatte es zwei Treffen von Bund und Ländern ohne konkrete Ergebnisse gegeben, weil die vom Bund eingesetzte Gaskommission noch keine belastbaren Vorschläge präsentieren konnte. An diesem Montag hatte das Expertengremium sein Konzept für eine Gaspreisbremse und andere Entlastungen vorgelegt. Der Bund will diese dem Vernehmen nach weitgehend umsetzen. An diesem Mittwoch soll zunächst die für Dezember geplante einmalige Entlastung für Gaskunden vom Kabinett verabschiedet werden.

Weiterhin heißt es in der Beschlussvorlage, die Strompreisbremse solle zum 1. Januar 2023 entlastend wirken. Aus den Mitteln des sogenannten Abwehrschirms solle zudem eine Härtefallregelung finanziert werden. Damit sollen Hilfsprogramme finanziert werden für Bereiche, in denen trotz der Strom- und Gaspreisbremse finanzielle Belastungen bestehen, die von den Betroffenen nicht ausgeglichen werden können. Hierfür sehe der Bund insgesamt 12 Milliarden Euro vor.

Thüringens Regierungschef mahnte darüber hinaus für das Bund-Länder-Spitzentreffen im Bundeskanzleramt am Mittwoch „klare Ergebnisse“ bei den Kosten für Unterbringung und Integration von Geflüchteten sowie bei der Stärkung der Mittel für den Öffentlichen Personennahverkehr an.

Bund und Länder sind sich einig, dass es eine Nachfolgeregelung für das bundesweit gültige Neun-Euro-Ticket im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) aus dem Sommer geben soll. Beide Seiten unterstützen auch grundsätzlich Pläne für ein 49-Euro-Ticket ab dem kommenden Jahr, streiten aber über die Finanzierung. Die Bundesregierung hat hierfür 1,5 Milliarden Euro pro Jahr angeboten.

Vor den Bund-Länder-Beratungen hat der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, an die finanzpolitische Verantwortung der Länder appelliert und eine Rückkehr zur Schuldenbremse im kommenden Jahr gefordert. „Die Länder-Haushalte verbuchen derzeit hohe Milliardenüberschüsse und werden in den kommenden Jahren einen Steuereinnahmen-Rekord nach dem anderen aufstellen. Ich sehe hier keinen Ansatzpunkt, um die Schuldenbremse 2023 abermals in Frage zu stellen“, sagte Holznagel der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Das Grundgesetz erfordere eine außergewöhnliche Schieflage der öffentlichen Haushalte, um auf Notlagen-Kredite zurückgreifen zu dürfen. „Eine solche Notsituation kann ich für die Länder-Etats aber weit und breit nicht erkennen“, betonte Holznagel. Die entsprechende Forderung aus den Ländern sei als „Jammern auf hohem Niveau“ zu verstehen. „Einige Landespolitiker scheinen ein großes Interesse daran zu haben, dass der Bund auch 2023 eine Notsituation erklärt, die dann bundesweit gilt und daraufhin die Länder zusätzliche Schulden aufnehmen können. Der Bund dient den Ländern dabei lediglich als Vehikel – so müssen sie keine höchst angreifbaren Eigeninitiativen auf landesrechtlicher Basis starten, um zusätzliche Kredite jenseits der Regel-Schuldenbremse zu bunkern, sondern können auf die Global-Erklärung des Bundes verweisen“, so Holznagel. Er appellierte: „Die Schulden-Schatulle muss geschlossen bleiben – und die Länder müssen mit den hohen Einnahmen auskommen, die sie bereits von Bürgern und Betrieben kassieren.“

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