Bundespräsident zur Russland-Politik Nordstream 2: Steinmeier räumt Fehlentscheidungen als Außenminister in Russland-Politik ein

Berlin · Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat am Wochenende Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wegen seiner Russlandpolitik scharf kritisiert. Das Staatsoberhaupt bezieht nun im Gespräch mit unserer Redaktion und einigen anderen Medien Stellung.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Foto: AP/Michael Sohn

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Fehlentscheidungen in Bezug auf die Russlandpolitik in seiner Zeit als Außenminister eingeräumt. „Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler. Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben“, sagte der Bundespräsident am Montag im Gespräch mit Journalisten im Schloss Bellevue.

„Die bittere Bilanz: Wir sind gescheitert mit der Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hauses, in das Russland einbezogen wird. Wir sind gescheitert mit dem Ansatz, Russland in eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur einzubinden“, betonte das Staatsoberhaupt.

Russlands Einmarsch in die Ukraine: „Da habe ich mich geirrt.“

Er habe auch einen russischen Einmarsch in der Ukraine für ausgeschlossen gehalten. „Meine Einschätzung war, dass Wladimir Putin nicht den kompletten wirtschaftlichen, politischen und moralischen Ruin seines Landes für seinen imperialen Wahn in Kauf nehmen würde. Da habe ich mich, wie andere auch, geirrt“, sagte Steinmeier.

Mit Blick auf die Zukunft fügte Steinmeier hinzu: „Mit einem Russland unter Putin wird es keine Rückkehr zum Status Quo vor dem Krieg geben.“ Er unterstrich:„Die Verantwortung für den Krieg liegt bei Putin, die sollten wir nicht auf uns ziehen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht einiges zu überdenken haben, wo es unsererseits Fehler gegeben hat.“

Steinmeier sagte mit Blick auf die Kriegsereignisse: „Ich leide sehr mit den Menschen in der Ukraine mit. Nach Anfang 2014 hat kein anderes Land meine Arbeit so geprägt.“

Reaktion auf Kritik von ukrainischem Botschafter, Andrij Melnyk

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hatte Steinmeier am Wochenende in einem Interview politische Nähe zu Russland vorgeworfen. „Für Steinmeier war und bleibt das Verhältnis zu Russland etwas Fundamentales, ja Heiliges, egal was geschieht. Auch der Angriffskrieg spielt da keine große Rolle“, sagte er. Deutschland habe weiter zu viele Eigeninteressen in Bezug auf Russland, etwa die Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle. Schuld daran sei auch Steinmeiers Agieren als Kanzleramtschef und später als Außenminister. „Steinmeier hat seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft. Darin sind viele Leute verwickelt, die jetzt in der Ampel das Sagen haben“, sagte er. Aus Sicht des russischen Präsidenten Wladimir Putin gebe es kein ukrainisches Volk, keine Sprache, keine Kultur, und daher auch keinen Staat. „Steinmeier scheint den Gedanken zu teilen, dass die Ukrainer eigentlich kein Subjekt sind“, kritisierte Melnyk.

Steinmeier war von 2005 bis 2009 und von 2013 bis 2017 SPD-Außenminister unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU).Von 1999 bis 2005 war er Kanzleramtsminister unter Kanzler Gerhard Schröder.

(mün)
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