Pflegebonus Entwurf sieht bis zu 550 Euro für Altenpflegekräfte vor

Berlin · Der lange angekündigte Corona-Pflegebonus nimmt Gestalt an: Eine Milliarde Euro will die Bundesregierung an Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen ausschütten. Doch die Verteilung sorgt bereits für scharfe Kritik.

 Eine Altenpflegerin in Schutzausrüstung hält die Hand eines Bewohners in einem Pflegeheim. (Archiv)

Eine Altenpflegerin in Schutzausrüstung hält die Hand eines Bewohners in einem Pflegeheim. (Archiv)

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Seit Monaten warten Pflegekräfte, die wegen der Corona-Pandemie besonderen Belastungen ausgesetzt sind, auf den von der Bundesregierung geplanten Pflegebonus. Jetzt hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erste Eckpunkte vorgelegt. Demnach will die Bundesregierung je 500.000 Euro an Pflegekräfte in Krankenhäusern und an Beschäftigte in der Langzeitpflege zahlen. Insgesamt sind also eine Milliarde Euro im Topf. 

Doch die Verteilung ist kompliziert. Es war schwierig, ein Verfahren zu finden, um das Geld denjenigen zukommen zu lassen, die tatsächlich durch die Pandemie besonders unter Druck standen oder noch stehen. „Der Pflegebonus kommt“, sagte Lauterbach am Dienstagmorgen im ZDF-„Morgenmagazin“. Doch der Bonus solle nicht alles sein. Insgesamt müsse es darum gehen, die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern, etwa durch einen besseren Personalschlüssel.

Wie aus dem Eckpunktepapier hervorgeht, das unserer Redaktion vorliegt, sollen die Beschäftigten in 837 Krankenhäuser von den 500.000 Euro profitieren, in denen 95 Prozent der Covid-Patienten behandelt wurden. In diesen Häusern sollen den Angaben zufolge 280.000 Pflegekräfte profitieren. So könnten Beschäftigte im Schnitt rund 1700 Euro erhalten, die genauen Summen und den jeweiligen Personenkreis bestimmen jedoch die Krankenhäuser. Die Prämien sollen sich in erster Linie an Pflegekräfte in der Pflege am Bett richten. Pflegekräfte im Bereich der Intensivpflege sollten einen höheren Bonus erhalten als Pflegekräfte in anderen Bereichen.

In der Langzeitpflege müssen die Beschäftigten mit deutlich geringeren Summen rechnen. Dem Papier zufolge sollen Vollzeitkräfte in der Altenpflege einen einmaligen Corona-Bonus in Höhe von bis zu 550 Euro bekommen. Profitieren sollen Beschäftigte von Pflegediensten und Pflegeheimen, die zwischen dem 1. November 2020 und dem 30. Juni 2022 für mindestens drei Monate in der Altenpflege tätig waren und am 30. Juni dieses Jahres noch beschäftigt sind. Bis zu 370 Euro soll es demnach für Personal geben, das mindestens 25 Prozent seiner Arbeitszeit in der direkten Pflege und Betreuung mitarbeitet. Das könnten etwa Beschäftigte aus der Verwaltung, der Haustechnik, der Küche, der Gebäudereinigung, des Empfangs- und des Sicherheitsdienstes und der Logistik sein. Bis zu 330 Euro sollen Auszubildende in der Altenpflege bekommen, bis zu 190 Euro sonstige Beschäftigte und bis zu 60 Euro Helfer im Freiwilligendienst oder im Freiwilligen Sozialen Jahr.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Heike Baehrens, brachte bereits eine Erhöhung der Gesamtsumme ins Spiel: „Wenn man die besonders belasteten Beschäftigten in der Intensivpflege besonders honorieren möchte, so ist damit für die große Zahl der Beschäftigten in der ambulanten und stationären Langzeitpflege nur ein kleinerer Bonus möglich“, sagte Baehrens. „Darum sollten wir im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens intensiv prüfen, ob der Finanzrahmen erhöht werden kann.“ Aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion wäre es wünschenswert, wenn sich die Höhe des Bonus an der bereits 2020 in der Langzeitpflege gezahlten Prämie orientiert. „Außerdem sollte unbedingt ermöglicht werden, dass neben den Beschäftigten in der Pflege auch die Behindertenhilfe mit einbezogen wird“, sagte Baehrens.

Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft DKG übte Kritik. Sie lehnt die vorgesehene unterschiedliche Prämienhöhe für Pflegekräfte auf Intensiv- und Normalstationen ab. „Dies führt zu enormen Abgrenzungsproblemen und zur Ungleichbehandlung der Beschäftigten. Eine solche Verteilung kann der Belastung im Einzelfall niemals gerecht werden“, erklärte die Interessenorganisation der Krankenhäuser.

Scharfe Kritik kam zudem von den Sozialverbänden. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, sagte unserer Redaktion: „Die geplante Aufteilung des Pflegebonus ist für die Beschäftigten in der Langzeitpflege ein schlechter Witz.“ Als maximale Summe 550 Euro festzusetzen und das auch nur für Vollzeitkräfte, sei grotesk. „Fast drei Viertel der Beschäftigten in der Altenpflege arbeiten in Teilzeit. Mit dem geplanten Bonus rufen Karl Lauterbach und die anderen Ampel-Verantwortlichen bei diesen Menschen mehr Unmut hervor, als wenn die Bundesregierung gar nichts zustande gebracht hätte“, sagte Schneider. „Es braucht keinen Bonus, sondern endlich bessere Arbeitsbedingungen und eine ordentliche Bezahlung. Wer das ernst meint, muss fünf Milliarden Euro pro Jahr in die Hand nehmen, nicht 500 Millionen“, so der Verbandsvertreter.

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