Pflegereport der AOK Pflegeheim-Bewohner kommen in Rheinland-Pfalz mit am häufigsten wegen Flüssigkeitsmangel ins Krankenhaus

Berlin · Mängel in der Versorgung der Pflegeheime lassen sich wissenschaftlich nachweisen – Was der neue Pflegereport der AOK über gesundheitsschädigende Behandlungen von Pflegeheim-Bewohnern in Rheinland-Pfalz zeigt.

 Viele Plegeheimbewohnerinnen und -bewohner erhalten dauerhaft Schaf- und Beruhigungsmittel.

Viele Plegeheimbewohnerinnen und -bewohner erhalten dauerhaft Schaf- und Beruhigungsmittel.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Häufige Ruhigstellungen mit Schlaf- und Beruhigungsmitteln, unnötige Krankenhauseinweisungen am Lebensende oder Einweisungen nur aufgrund von Flüssigkeitsmangel – die Versorgung vieler Pflegeheim-Bewohner lässt zu wünschen übrig. Zudem gibt es große regionale Unterschiede bei der Qualität der Versorgung. Das zeigt der neue Pflegeport des Wissenschaftlichen Dienstes der AOK, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

AOK-Pflegereport: Ruhigstellung mit Schlafmitteln, Klinikeinweisungen von Demenzkranken wegen Flüssigkeitsmangel

Demnach werden Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen in Nordrhein-Westfalen und im Saarland überproportional häufig Schlaf- und Beruhigungsmittel verabreicht. Während dies bundesweit für 7,6 Prozent aller Bewohner zutrifft, kommt dies in Nordrhein-Westfalen und im Saarland bei zehn bis 25 Prozent der Fälle vor, so der Report.

Die Forscherinnen der AOK haben Daten von 350.000 Pflegeheimbewohnern ausgewertet, die für etwa die Hälfte aller Betroffenen in Deutschland stehen. Die letztverfügbaren Daten beziehen sich auf das Corona-Jahr 2021. Die Ergebnisse der Untersuchungen zielten vor allem auf die handelnden Personen vor Ort, die Heimleitungen, das Pflegepersonal, die behandelnden Ärzte und die Kommunen, deren Arbeit künftig deutlich besser verzahnt und abgestimmt werden müsse, erklärten die Autorinnen. Der Pflegereport ist aber auch für Betroffene, die einen Heimplatz für sich oder Angehörige suchen, eine gute Informationsquelle, um Anhaltspunkte über die Qualität der Versorgung zu gewinnen.

Dem Pflegereport zufolge lag der Anteil der Pflegebedürftigen in Heimen, die 2021 eine problematische Dauerverordnung für Schlaf- und Beruhigungsmittel erhielten, in Westdeutschland deutlich höher als in Ostdeutschland. „Eigentlich sollten pflegebedürftige Menschen maximal vier Wochen mit den untersuchten Schlaf- und Beruhigungsmitteln behandelt werden“, erklärte Antje Schwinger vom Wido. Bei Dauereinnahme drohten unter anderem Abhängigkeit, erhöhte Sturzgefahr und die Entstehung von Angstgefühlen, Depressionen und Aggressionen.

In RLP kommen Bewohner von Pflegeheimen mit am häufigsten wegen Flüssigkeitsmangel ins Krankenhaus

Als weiteres Beispiel nennt der Report Klinikeinweisungen von Demenzkranken wegen Flüssigkeitsmangel. 2021 hatten im bundesweiten Durchschnitt knapp vier Prozent aller an Demenz erkrankten Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen einen Krankenhausaufenthalt, der durch unzureichende Flüssigkeitszufuhr verursacht war. In den 20 Kreisen mit den auffälligsten Werten waren es dagegen zwischen 7,5 und 12,5 Prozent der Demenzkranken. In Bayern, vor allem an der deutsch-tschechischen Grenze, in Niedersachsen, im Süden von Rheinland-Pfalz sowie wiederum in Nordrhein-Westfalen kam das 2021 am häufigsten vor, so der Report.

Untersucht wurde auch, wie oft Pflegeheimbewohner in den letzten 30 Tagen vor ihrem Tod noch in ein Krankenhaus eingewiesen wurden. Diese Einweisungen sind in der Regel unnötig und werden von den Betroffenen selbst auch häufig nicht gewollt, aber dennoch von Ärzten oder dem Pflegepersonal veranlasst – etwa, wenn anderslautende Patientenverfügungen nicht sofort auffindbar waren. Im Durchschnitt kam dies 2021 bundesweit bei 42 Prozent aller Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner vor. Im Vergleich zu 2017 sank die Quote immerhin um fünf Prozentpunkte. Es gibt aber auch hier Regionen, in denen diese oft unerwünschte Praxis häufiger vorkommt als anderswo: Während im Saarland jeder zweite Heimbewohner kurz vor seinem Tod noch in eine Klinik eingewiesen wurde, war es in Sachsen nur bei jedem Dritten so.

Über die konkreten Ursachen der Fehlentwicklungen wollten die Wissenschaftlerinnen keine Aussagen machen. Allerdings ist zu vermuten, dass der Mangel an Pflegepersonal ein häufiger Grund dafür ist, dass Menschen ruhiggestellt werden oder ihre persönliche Gesundheit zu wenig beachtet wird. Zudem seien die Verantwortlichkeiten vor Ort unklar. Die Versorgung werde auch zu wenig an der Perspektive der Heimbewohner ausgerichtet. Zudem brauche es ein hohes Maß an Motivation und Engagement, um die Arbeit von Ärzten und Pflegepersonal besser abzustimmen, sagten Antje Schwinger und Sabine Richard vom Wido.

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