Experten sehen „Inflationsgipfel“ erreicht Warum die Inflationsrate im November leicht gesunken ist

Berlin · Die Inflationsrate ist im November zur Überraschung vieler Ökonomen nicht mehr weiter gestiegen, sondern leicht gesunken. Manche Experten sehen den „Inflationsgipfel“ bereits erreicht, andere erwarten ihn in den ersten Monaten des neuen Jahres.

EZB-Chefin Christine Lagarde muss am 15. Dezember entscheiden, ob die Leitzinsen weiter stark angehoben werden.

EZB-Chefin Christine Lagarde muss am 15. Dezember entscheiden, ob die Leitzinsen weiter stark angehoben werden.

Foto: AP/Michael Probst

Geringere Preise für Benzin, Diesel und Heizöl haben die Inflation in Deutschland erstmals seit Juli abgeschwächt. Die Verbraucherpreise stiegen im November um durchschnittlich 10,0 Prozent zum Vorjahresmonat, so die erste Schätzung des Statistischen Bundesamts. Im Oktober hatte die Teuerungsrate mit 10,4 Prozent auf dem höchsten Stand seit 1951 gelegen. Von Oktober auf November sanken die Preise sogar, und zwar um 0,5 Prozent. Allerdings müssen sich die Verbraucher auch im kommenden Jahr auf eine hohe Teuerung einstellen.

Der leichte Rückgang kam für viele Ökonomen überraschend, die erst in den kommenden Monaten geringere Raten erwartet hatten. Ein gutes Zeichen war allerdings der Rückgang der Erzeugerpreise im Oktober, die als Vorboten für die Verbraucherpreise gelten. Die nachlassende Inflation in Europas größer Volkswirtschaft nimmt auch etwas Druck von der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie entscheidet am 15. Dezember darüber, ob sie den Leitzins um weitere 25, 50 oder noch mehr Basispunkte anhebt.

„Ein Silberstreif am Horizont“, sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. „Mit Glück haben wir den Inflationsgipfel hinter uns.“ Das sieht auch der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger so: „Das könnte der Startschuss für einen weiter abnehmenden Inflationsdruck sein. Zum Jahreswechsel wird die Inflationsrate wohl schon einstellig werden.“ In Sachsen, Hessen und Baden-Württemberg liegt der Wert bereits unter der Zehn-Prozent-Marke.

Entwarnung geben die Experten aber noch nicht. „Wir nähern uns dem Gipfel, aber für einen Sturm der Begeisterung ist es noch zu früh“, sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Noch gebe es viel Inflationsdruck. „Ab Januar müssen viele Verbraucher mehr für Strom bezahlen“, sagte auch Schmieding. „Das könnte die Inflationsrate noch einmal etwas in die Höhe treiben.“

Danach dürfte der Preisdruck aber erheblich abnehmen. In der erwarteten Winterrezession bliebe den Unternehmen kaum noch eine Chance, höhere Kosten auf ihre Kunden zu überwälzen. Ab März kommen dann sogenannte Basiseffekte dazu. „Dann vergleichen wir nicht mehr die aktuellen Preise für Energie- und Nahrungsmittel mit den geringeren Vorkriegspreisen, sondern mit den hohen Preisen seit Kriegsbeginn“, sagte Schmieding. Im Frühjahr 2024 könnte die Inflationsrate dann sogar auf etwa zwei Prozent fallen. Dass es für Entwarnung noch zu früh ist, zeigt auch die Umfrage des Ifo-Instituts: Demnach will knapp jedes zweite Unternehmen in Deutschland seine Preise in den kommenden Monaten erhöhen. (mit Reuters)

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