Schlappen für den designierten FDP-Justizminister Buschmanns Fehlstart

Analyse | Berlin · Noch vor seinem Amtsantritt als neuer Bundesjustizminister musste Marco Buschmann schon zwei Schlappen in der Corona-Politik hinnehmen. Doch er kann sich der vollen Rückendeckung von FDP-Chef Christian Lindner sicher sein.

Marco Buschmann (41) soll kommende Woche Bundesjustizminister in der Ampel-Regierung werden.

Marco Buschmann (41) soll kommende Woche Bundesjustizminister in der Ampel-Regierung werden.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur  Corona-Notbremse war eine Niederlage für die FDP und auch für ihn persönlich, den rechtspolitischen Vordenker der Liberalen. Doch Marco Buschmann ließ sich die Enttäuschung über die Karlsruher Entscheidung am Dienstag kaum anmerken. „Ich kann erklären, dass wir uns ein anderes Ergebnis gewünscht hätten“, sagte der 41-jährige eher schmallippig. Aber die FDP respektiere „selbstverständlich“ die Entscheidung. Die Liberalen hatten gemeinsam mit anderen vergeblich gegen die Grundrechtseingriffe durch die Bundes-Notbremse im April 2021 geklagt.

 Buschmann blickt jetzt lieber nach vorn. In der kommenden Woche wird er den größten Karriereschritt machen und als nächster Bundesjustizminister vereidigt. Der Gelsenkirchener gilt in der FDP als eine Idealbesetzung für den Posten: Der „Junge aus dem Ruhrpott“, wie er sich selbst nennt, hat Rechtswissenschaft in Bonn studiert und eine juristische Doktorarbeit mit der Note Summa Cum Laude in der Tasche. In Berlin fiel der bisherige Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion immer wieder durch präzise und glasklare juristische Analysen auf.

 Doch das war Oppositionsarbeit, jetzt muss Buschmann selbst regieren. Er tat es schon, bevor er überhaupt im Amt ist: Der Rechtsprofi war eine der treibenden Kräfte hinter dem neuen Infektionsschutzgesetz, das die drei Ampel-Parteien  als erste große Tat gemeinsam durch den neuen Bundestag boxten. Buschmann kann leidenschaftlich begründen, warum es notwendig war, damit die epidemische Lage nationaler Tragweite Ende November zu beenden. Es müsse künftig „einen Unterschied machen“, welche Corona-Maßnahmen wo angewendet würden: In Schleswig-Holstein, wo die Infektionszahlen deutlich geringer seien, müssten andere, weichere Regeln gelten als in Bayern und Sachsen, wo die Zahlen durch die Decke schießen. Deshalb seien regionale Differenzierungen wichtig. Zudem solle die Gestaltungsmacht dahin zurückkehren, wo sie in einer Demokratie hingehöre: in den Bundestag. Die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), die Monat für Monat Entscheidungen traf, die hinterher vom Parlament abgesegnet werden mussten, wollte Buschmann schnell entmachten.

Allerdings geriet auch das neue Infektionsschutzgesetz heftig unter Beschuss. Dass die Bundesregierung seit Ende November nicht mehr durchgreifen kann, weil die Ampel ihr dafür die Rechtsgrundlage entzogen hat, wird in der Öffentlichkeit als ein erster großer Fehler von Rot-Grün-Gelb wahrgenommen. Die Ampel spielte den Ländern den Ball zu, doch die nahmen ihn nicht an. Viele Ministerpräsidenten wollten die Möglichkeiten nicht nutzen, die ihnen das neue Infektionsschutzgesetz eröffnete, etwa Schließungen von Bars. Auch Buschmann hatte unterschätzt, dass die Länderchefs lieber mit dem Zeigefinger auf den Bund zeigen als selbst aktiv zu  werden.

 Noch darf Buschmann hoffen, trotz dieser zwei Schlappen nicht bereits beschädigt zu sein. Als der wohl engste Vertraute von Parteichef Christian Lindner kann der kommende Minister auf volle Rückendeckung vertrauen. Lindner machte ihn 2012 zum Generalsekretär in Nordrhein-Westfalen und 2014 zum Bundesgeschäftsführer, bevor Buschmann 2017 in den Bundestag einzog. In der FDP-Fraktion ist er geschätzt. „Marco Buschmann ist einer der intelligentesten Menschen, die ich kenne“, sagt ein Abgeordneter. Buschmann wirke zwar zuweilen arrogant, sei es aber nicht. „Der Mann ist hilfsbereit, immer ansprechbar, er hält Wort.“ Der 41-Jährige sei stolz und demütig zugleich, dass er aus einfachen Verhältnissen – sein Vater arbeitete im Kohle-Bergbau – habe aufsteigen können. Der Gelsenkirchener interessiere sich zwar nicht wirklich für Fußball, berichtet der Liberale. „Aber er weiß als Politprofi immer, wie Schalke, sein Heimatclub, gespielt hat.“

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