Kommentar Schröders Schritt kommt zu spät

Meinung | Berlin · Das Ausscheiden von Gerhard Schröder als Aufsichtsratschef bei Rosneft ist überfällig. Doch Grund zum Jubeln gibt es nicht, denn die Motive dürften nichts mit einem Eingeständnis zu tun haben.

 Der ehemalige Bundeskanzler und bisherige Aufsichtsratschef des russischen Ölkonzerns Rosneft, Gerhard Schröder (SPD).

Der ehemalige Bundeskanzler und bisherige Aufsichtsratschef des russischen Ölkonzerns Rosneft, Gerhard Schröder (SPD).

Foto: dpa/Patrick Pleul

Gerhard Schröder will seinen Posten als Aufsichtsratschef beim russischen Staatskonzern Rosneft aufgeben. Er habe mitgeteilt, dass es ihm unmöglich sei, sein Mandat in dem Gremium zu verlängern, teilte der Konzern mit. Plötzlich unmöglich, was wochenlang für Debatten gesorgt hatte? Gründe für den Schritt wurden nicht genannt. Jedoch scheint es gut möglich, dass die Androhung aus dem Europaparlament den entscheidenden Unterschied machte, nachdem Schröder sein Engagement für russische Konzerne zuletzt noch lange verteidigt und keine Anstalten gemacht hatte, von Ämtern Abschied zu nehmen. Am Donnerstag aber hatte das Europaparlament darauf gedrungen, Schröder auf die Sanktionsliste gegen russische Oligarchen zu nehmen, wenn er trotz des russischen Angriffskriegs in der Ukraine an seinen Posten in russischen Unternehmen festhalte.

Grund zum Jubeln ist der Schritt des Altkanzlers wahrlich nicht. Denn es darf davon ausgegangen werden, dass er dies weder aus Überzeugung, Reue, noch aus moralischer Einsicht tut. Ist es schlicht der Druck, der ihn dazu verleitet, kann höchstens der harte Kurs der europäischen Bündnispartner gegen Russland und seine Geschäftspartner begrüßt werden. Dieser Kurs scheint – anders als bei vielen russischen Oligarchen – nun Wirkung in der Causa Schröder zu haben.

Allerdings kommt Schröders Schritt viel zu spät. Das gilt entsprechend auch für die Androhung aus dem Europaparlament. Denn der Schaden ist bereits entstanden, den der Sozialdemokrat Schröder bei seiner Partei angerichtet hat. Die SPD versucht krampfhaft ihn aus der Partei zu werfen. Doch der Weg dürfte extrem steinig und langwierig werden. Auch dem amtierenden Kanzler Olaf Scholz erweist Schröder damit einen Bärendienst. Es dürfte für Scholz nicht einfacher werden, mit internationalen Partnern zu verhandeln, wenn sein Parteigenosse derart enge Kontakte zu Putin pflegt, in Interviews mit der „New York Times“ Schuldeingeständnisse von sich weist und auf eigene Faust Gespräche in Moskau führt.

Und dass der Bundestag beschlossen hat, Schröder einen Teil seiner Privilegien abzuerkennen, will dieser ebenfalls nicht einfach akzeptieren. Der 78-Jährige geht jetzt juristisch dagegen vor. Auch das zeugt nicht von Einsicht.

Tragisch ist bei all dem, dass Schröder auch sein persönliches Ansehen in der gesamten Debatte versenkt hat. Er hat viele Wegbegleiter vor den Kopf gestoßen, sieht sich im Recht, versteht die Kritik möglicherweise nicht einmal, weil er sich als Freund Putins in der Mittlerrolle sieht. Doch es scheint aussichtslos, dass der Altkanzler noch zu einer Schlüsselfigur in dem Konflikt werden kann. Den Krieg wird Schröders Ausscheiden bei Rosneft jedenfalls nicht schneller beenden. Denn es wäre wohl sehr vermessen anzunehmen, dass Schröder nun auf Putin erfolgreich einwirken wird, weil er auf seine Bezüge als Rosneft-Aufsichtsratschef verzichten muss. Sein Schritt kommt also aus den falschen Motiven, er kommt viel zu spät und er wird kaum Wirkung im Konflikt haben. Kein Grund zum Jubeln.

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