Debatte um neues Staatsbürgerschaftsrecht Migrationsforscher: Deutscher Pass verbessert Arbeitsmarkt-Chancen von Zuwanderern

Berlin · Die schnellere Einbürgerung von Ausländern kann deren Integration in den Arbeitsmarkt beschleunigen und mehr qualifizierte Fachkräfte nach Deutschland locken, meint das Forschungsinstitut IAB der Bundesagentur für Arbeit. Union, AfD und andere Kritiker sehen dagegen eher Nach- als Vorteile. Der Gemeindebund möchte die Außenhandelskammern zu Visa-Stellen machen.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will es Ausländern leichter machen, den deutschen Pass zu bekommen.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will es Ausländern leichter machen, den deutschen Pass zu bekommen.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit hat die Pläne der Bundesregierung zur schnelleren Einbürgerung von Ausländern begrüßt. „Es ist sinnvoll, dass die Ampel die Einbürgerung erleichtern will. Die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft hat eindeutig positive Effekte auf die Integration in den Arbeitsmarkt“, sagte IAB-Migrationsforscher Herbert Brücker unserer Redaktion. „Personen, die den deutschen Pass bekommen, werden leichter eingestellt, ihre Verdienste steigen und sie sind leistungsbereiter“, sagte Brücker.

Die Ampel-Koalition will es Menschen mit ausländischen Wurzeln künftig leichter machen, einen deutschen Pass zu erhalten. Statt wie bislang nach acht Jahren soll man künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland die Staatsbürgerschaft bekommen können. Bei „besonderen Integrationsleistungen“ soll dies sogar schon nach drei Jahren möglich werden – etwa wenn Einwanderer besondere schulische oder berufliche Leistungen oder ehrenamtliches Engagement gezeigt haben oder über besonders gute Sprachkenntnisse verfügen.

Zudem soll es leichter als bisher sein, neben der deutschen auch eine andere Staatsangehörigkeit zu haben. Dies ist insbesondere für viele Deutsch-Türken von Interesse. Im Bundestag kritisierten Union und AfD die Pläne zur erleichterten Einbürgerung scharf, die Ampel-Parteien verteidigten sie. Allerdings hatte die FDP das Timing von SPD-Innenministerin Nancy Faeser kritisiert: Zunächst solle sich die Koalition über ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz einigen, danach erst das Staatsbürgerschaftsrecht erneuern.

„Der Pull-Effekt durch die Möglichkeit einer schnelleren Einbürgerung ist für höher qualifizierte Menschen, die sich für Deutschland interessieren, deutlich höher als für geringer Qualifizierte“, sagte IAB-Forscher Brücker. „Und wir wollen ja, dass mehr Fachkräfte nach Deutschland kommen. Gerade für qualifizierte Menschen aus Drittstaaten ist das ein sehr positives Signal“, betonte der Experte. „Wichtiger noch als eine schnellere Einbürgerung sind die verbesserten Chancen auf die doppelte Staatsbürgerschaft. Denn viele Migranten wollen ihre Staatsbürgerschaft behalten. Viele haben zwei Identitäten, sie sind etwa Deutsche und Türken. Ich erwarte, dass durch diese Reform deutlich mehr Menschen mit ausländischen Wurzeln den deutschen Pass beantragen. Dadurch steigt ihre Bindung an Deutschland“, sagte Brücker.

Skeptischer zur erleichterten Einbürgerung äußerte sich Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds. „Die Frage, ob jemand acht oder fünf Jahre hier gelebt hat, sollte nicht darüber entscheiden, ob jemand die deutsche Staatsbürgerschaft erhält. Viel wichtiger sind Kriterien wie Sprachkenntnisse, Qualifikation und Einkommen“, sagte Landsberg. Auch der Mehrwert der doppelten Staatsbürgerschaft sei nicht offensichtlich. „Wir sollten diese Reform nicht in einer Nacht- und Nebelaktion machen.“

Landsberg schlug vor die Außenhandelskammern im Ausland zu befähigen, Visa und Aufenthaltsrechte für Einwanderungswillige zu erteilen. „Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist viel wichtiger als die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts. Denn wir brauchen dringend mehr Fachkräfte aus dem Ausland“, sagte Landsberg. Es gehe aber nicht um vollmundige Ankündigungen, sondern um die Umsetzung. „Die Visa-Stellen an den deutschen Botschaften sind das Nadelöhr, durch das viele nicht durchkommen. Wir sollten daher die Außenhandelskammern befähigen, ebenfalls Visa und befristete Aufenthaltsgenehmigungen zu erteilen, weil sie den besten Kontakt zu den deutschen Arbeitgebern haben, die eine Fachkraft gefunden haben und einstellen wollen“, sagte Landsberg.

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