Steinmeier in Kiew Wichtiges Signal

Meinung | Berlin · Beim dritten Versuch klappt es: Bundespräsident Steinmeier besucht überraschend die Ukraine - nachdem eine Reise dorthin in der Vorwoche noch aus Sicherheitsgründen abgesagt wurde. Warum der Besuch wichtig ist - für beide Seiten.

Steinmeier in Kiew: Wichtiges Signal
Foto: dpa/Michael Kappeler

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist in Kiew eingetroffen. Es ist niemand erleichterter als das deutsche Staatsoberhaupt selbst. Die Verschiebung der Reise in der vergangenen Woche hat Steinmeier sehr gewurmt.

Zum einen will der Bundespräsident das Zeichen aus Deutschland überbringen: „Wir sind nach wie vor an Eurer Seite - und bleiben das auch.“ Der Besuch des deutschen Staatsoberhaupts kommt in einer für die Ukraine wichtigen Zeit. Nach einer Phase der ukrainischen Erfolge an der Front hat Russland das bedrängte Land in den vergangenen Wochen noch stärker unter Druck gesetzt, die Zivilbevölkerung bewusst ins Visier genommen. Die Moral der Ukrainer soll gebrochen werden, es fallen wieder Bomben auf ukrainische Städte. Deswegen sind Besuche und Solidaritätsbekundungen derzeit vermutlich noch wichtiger als sie es zu Beginn des Krieges schon waren. Denn die Unterstützung ist in den westlichen Staaten nicht am Schwinden, aber auch nicht mehr so selbstverständlich wie zu Beginn des russischen Angriffskriegs. Je länger der Krieg dauert, je höher die Kosten auch außerhalb der Ukraine steigen, desto schwieriger wird es auch in Deutschland, die Menschen weiter zur Solidarität zu bewegen.

Aber Steinmeiers Reise ist auch eine zu sich selbst. Die zweite Amtszeit ist überschattet von Vorwürfen zu seiner früheren Ukraine-Politik in seiner Funktion als deutscher Außenminister. Die „Steinmeier-Formel“ ist in der Ukraine mittlerweile ein Schimpfwort, sein auf Ausgleich bedachter Kurs mit Russland wird ihm vorgehalten. So sehr, dass er sich im Frühjahr in einem sehr ungewöhnlichen Schritt entschuldigte, Fehler in der Vergangenheit einräumte, währenddessen sich der damalige ukrainische Botschafter Andrij Melnyk systematisch an ihm abarbeitete - was für beide Seiten nicht gut war. So gesehen ist das Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj auch die Chance zu einem Neuanfang. Egal wann der Krieg endet: Die Ukraine wird in der deutschen Politik auf Jahre hinaus eine bedeutende Rolle spielen. Besser man spricht mit als übereinander. Deswegen ist es gut, dass der Kiew-Besuch nun zustande kam.

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