Merz sachlich, Röttgen emotional, Braun wehmütig Merz nüchtern, Braun wehmütig, Röttgen emotional

Analyse | Berlin · Es war das erste und einzige Aufeinandertreffen der drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz. Viele Unterschiede gab es nicht, doch am Ende zeigten Friedrich Merz, Nobert Röttgen und Helge Braun dann doch, worauf es ihnen jeweils ankommt.

Dreikampf um die Parteispitze - ab dem 4. Dezember dürfen die Mitglieder entscheiden.

Dreikampf um die Parteispitze - ab dem 4. Dezember dürfen die Mitglieder entscheiden.

Foto: dpa/Michael Kappeler

90 Minuten volle Konzentration, 90 Minuten Fragen von 25 CDU-Mitgliedern – und die Antworten durften nicht länger als eine Minute sein. Das war schon eine Herausforderung, auch für erfahrene Politiker wie Friedrich Merz, Norbert Röttgen und Helge Braun. Zum ersten und einzigen Mal trafen die Kandidaten für den Parteivorsitz am Mittwochabend in einem Dreikampf aufeinander. Es galt Punkte zu machen, denn ab dem 4. Dezember können die Mitglieder ihre Stimme abgeben.

Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl brannte den Parteigängern im Konrad-Adenauer-Haus einiges unter den Nägeln - von der Bedeutung des C im Parteiname CDU über den Mitgliederschwund bis hin zum zuletzt vergifteten Klima in der Union. Wer Vorsitzender werden will, musste liefern. Zumal das Fernsehen live übertrug.

In Pandemie-Zeiten war das „Townhall“-Treffen der CDU allerdings ein ungewöhnliches Format, aber es fand unter strengen Corona-Auflagen statt. Die erste Frage kam dann auch zur Pandemie, freilich von der Moderatorin. Was die Kandidaten vom aktuellen Vorgehen in der Corona-Krise halten würden, wurden sie gefragt. Braun betonte, bis Weihnachten sollten möglichst alle eine Auffrischungsimpfung erhalten, „das ist wichtig für ein sicheres Weihnachtsfest“. Röttgen forderte schnelles, gemeinsames und überparteiliches Handeln, „keine Verzögerung mehr“. Und Merz sagte: „Wenn wir dann eine allgemeine Impfpflicht bekommen, sollten wir Rücksicht auf die nehmen, die sich aus ernsthaften gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können.“ Im Kampf gegen die Pandemie lag man weitgehend auf einer Linie. Die Lage ist aber auch zu dramatisch.

 

Dann ging es vor allem um die Partei. Und so lief anschließend das CDU-Triell ab:

 

Für den besseren CDU-Vorsitzenden…hielten sich alle Kandidaten. Norbert Röttgen erklärte, er wolle dafür sorgen, dass die Union wieder führend werde in den politischen Debatten. Friedrich Merz hingegen versprach „gute eigene und überzeugende Antworten für alle Generationen“. Und Helge Braun betonte, er stehe für einen Vorsitzenden, der „auch viele andere Gesichter neben sich strahlen“ lassen werde. Kein Vorteil für einen der Drei.

 

Das ungewöhnlichste Versprechen gab…Friedrich Merz. Er werde für einen neuen Umgangsstil sorgen. „Ich werde in den Sitzungen darum bitten, dass alle ihre Handys draußen lassen und das wir mal wieder vertrauensvoll zusammenarbeiten.“

 

Die interessanteste Personalfrage stellte…Norbert Röttgen. „Wer ist denn der Alfred Dregger von heute, wer ist denn der Heiner Geißler von heute?“, so Röttgen. Es fehlten der Union solche Personen, die für unterschiedliche Inhalte gestanden und miteinander gerungen hätten.

 

Die klarste Absage…erteilten alle drei Kandidaten dem Vorschlag einer Doppelspitze. Geteilte Führung könne man auch mit einem anderen Vorstandsmodell realisieren, so Braun. Eine Doppelspitze sei anders als bei den Grünen „nicht unsere CDU-Kultur“, sagte Röttgen. Merz schloss sich an.

Die schärfste Attacke ritt… Helge Braun mit seiner Frage an Friedrich Merz. In den letzten zehn Jahren habe die Union eher Rückschritte als Fortschritte bei der Beteiligung von Frauen gemacht. Warum das Team Merz nicht für eine Frauenquote in der CDU sei? Merz’ Replik: „Wenn uns nichts Besseres einfällt, bin ich auch dafür.“

Das größte Problem hatte…Norbert Röttgen mit den CDU-Parteitagen. Sie dienten im Wesentlichen dem Vollzug von Ritualen. Kein normaler Mensch komme aber zum Applaudieren zu einer solchen Veranstaltung. „Wir müssen mal wieder zum Diskutieren zum Parteitag kommen.“

Besonders engagiert…ging es bei der Außenpolitik zu. Hier glänzte vor allem Röttgen, der Außenexperte. Er sehe in diesem Bereich in der Ampel-Koalition grundlegende Unterschiede. „Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Jahrzehnt weiterhin ein Jahrzehnt wird fundamentaler Herausforderungen an Deutschland und seiner Rolle.“

Überraschend waren…die Fotos, die die Kandidaten für ihr Schlusswort hochhalten sollten. Merz zeigte sein Team: Mario Czaja aus dem Osten, Christina Stumpp aus dem Süden. „Ich komme aus dem Nordwesten und wir sind ein gesamtstaatliches Integrationsangebot für unsere Partei.“ Die Union müsse jetzt gute Opposition im Bundestag sein und die Meinungsführerschaft zurückerobern. „Das ist viel Arbeit und das wird viel Disziplin erfordern und auch viel Gemeinsinn. Ich bringe das ein.“ Er werde sehr fleißig, sehr hart arbeiten, versprach er. Merz, sehr rational.

Röttgen ließ es menscheln. Er hatte ein Foto seiner Familie dabei. Das Bild sei ein Beispiel, dass es auch ein Leben außerhalb der Politik gebe. Die Familie sei ein „Kraftquelle, die dann auch ermöglicht, Politik leidenschaftlich zu machen“. Das Foto sei zudem ein Beispiel dafür, „dass Familie erdet“. Und wenn man mal in Zweifel gerate, „warum machst Du das alles, Friedrich, Helge, dann schaue in das Strahlen meiner Tochter“. Röttgen, sehr emotional.

Helge Braun zeigte ein Foto von jubelnden CDU-Mitgliedern beim Wahlsieg 2013. Jetzt habe die Union die Chance, sich schnell zu erneuern. Wenn die CDU die unterschiedlichsten Wählergruppen wieder beeindrucke, dann entstünden auch wieder Bilder wie damals, als man über 40 Prozent erhalten habe. „Dass wir da schnell wieder hinkommen, dafür möchte ich meine ganze Kraft ab Januar einsetzen“, versprach er. Mit Tränen in den Augen. Braun, sehr wehmütig.

(has)
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