Waldzustandserhebung 2022 Vier von fünf Bäumen in Deutschlands Wäldern sind krank

Berlin · Der Zustand der deutschen Wälder bleibt angespannt. Wie besorgniserregend die Situation ist, zeigt die neue Waldzustandserhebung. Wie Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) den Umbau der Wälder unterstützen will.

 Nur noch jeder fünfte Baum in deutschen Wäldern hat der Erhebung zufolge eine vitale Baumkrone.

Nur noch jeder fünfte Baum in deutschen Wäldern hat der Erhebung zufolge eine vitale Baumkrone.

Foto: dpa/Swen Pförtner

Ob Fichte, Kiefer, Buche oder Eiche – die Bäume in Deutschlands Wäldern leiden stark unter den Folgen der Klimakrise. Insbesondere Dürre und hohe Temperaturen haben ihnen stark zugesetzt. Das zeigt die Waldzustandserhebung 2022, die am Dienstag – dem internationalen Tag des Waldes – vom Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) veröffentlicht wurde. Ein jährlicher Gesundheitscheck in den deutschen Wäldern. Dafür wird die Vitalität des Waldes anhand der Baumkronen bundesweit überprüft. Und diese zeichnen ein besorgniserregendes Bild.

Nur noch jeder fünfte Baum hat der Erhebung zufolge eine vitale Baumkrone. Im Vergleich zu voll belaubten oder benadelten Kronen lässt sich bei rund einem Drittel der Bäume (35 Prozent) ein deutlicher Blattverlust erkennen. Weitere 44 Prozent befinden sich in der Warnstufe, in welcher den Bäumen elf bis 25 Prozent der Blattmasse fehlen. Der Kronenzustand hat sich im Vergleich zum Vorjahr zwar nicht verschlechtert – aber auch nicht verbessert.

Das Schadensniveau ist nach wie vor auf dem höchsten Niveau seit Beginn der Aufnahmen in den 1980er Jahren, wie es in dem Bericht heißt. Das erneut zu trockene und zu warme Jahr 2022 habe den Wäldern stark zugesetzt. Der dadurch entstandene Schaden konnte auch durch die regenreichen Monate im Herbst und Winter nicht kompensiert werden. Doch auch die weiterhin hohen Stickstoffeinträge und teilweise sauren Waldböden haben laut der Erhebung einen zusätzlichen negativen Einfluss auf die Hitzetoleranz der Bäume.

Insbesondere die Fichte litt unter den Dürreperioden der letzten Jahre. Im Vergleich zu den anderen Baumarten weist sie die höchste Absterberate auf, wie es in dem Bericht heißt. Doch auch andere Bäume leiden unter den Folgen der Klimakrise: Nur noch 13 Prozent der Kiefern in den deutschen Wäldern sind gesund, bei fast der Hälfte aller Buchen sind große Kronenschäden zu verzeichnen. Mit 45 Prozent haben sie im Vergleich zu anderen Bäumen den größten Anteil in dieser Schadensklasse, dicht gefolgt von der Eiche. Der Anteil der Kronenschäden bei dieser Baumart liegt bei 40 Prozent.

„Der Wald ist ein Patient, der unsere Hilfe braucht“, sagte Minister Özdemir. Die beunruhigenden Ergebnisse des Waldzustandsberichtes zeigten deutlich, dass weitere Maßnahmen nötig seien, damit die Wälder in Zukunft der Trockenheit und den höheren Temperaturen trotzen können. Das bedeutet: „Mischwald statt Monokulturen“, so Özdemir. Mit dem Wald-Klima-Paket stelle die Bundesregierung dafür insgesamt 900 Millionen Euro bis zum Jahr 2026 bereit, um die Waldbesitzenden beim klimagerechten Umbau der Wälder zu unterstützen.

 Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne, r.) pflanzte zusammen mit Harald Schaum (l.), stellvertretender Bundesvorsitzender der IG BAU, und Schulleiter Stephan Alker anlässlich der Veröffentlichung des Waldzustandsberichts 2022 im Garten der Peter-Lenné-Schule einen Baum.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne, r.) pflanzte zusammen mit Harald Schaum (l.), stellvertretender Bundesvorsitzender der IG BAU, und Schulleiter Stephan Alker anlässlich der Veröffentlichung des Waldzustandsberichts 2022 im Garten der Peter-Lenné-Schule einen Baum.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Zusammen mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) pflanzte er vor diesem Hintergrund eine klimawandelresistente Elsbeere auf dem Gelände der Peter-Lenné-Schule, dem Oberstufenzentrum für Natur und Umwelt in Berlin. „Wir müssen uns um unseren Wald kümmern“, betonte auch der Vizebundesvorsitzende der IG BAU, Harald Schaum. „Noch ist der Kipppunkt nicht erreicht, noch können wir ihn retten“, sagte er. Es brauche einen großflächigen Umbau zum Mischwald und eine zielgerichtete Pflege, um den Wald besser an den Klimawandel anzupassen. Dafür sei wiederum gut ausgebildetes Fachpersonal nötig. Doch da klafft eine Riesenlücke, wie Schaum berichtete: „Wir haben errechnet, dass wir pro 1000 Hektar Wald eine Fachkraft benötigen. Das heißt: Es fehlen derzeit 11.000 Stellen in ganz Deutschland.“ Er appelliert deshalb an Bund und Länder, aber auch an die Kommunen entsprechende Stellen zu schaffen.

Ein weiterer Vorschlag kam von der FDP. Der forstpolitische Sprecher der Fraktion, Karlheinz Busen, setzt auf Baumarten fremder Herkunft: „Wir brauchen neben heimischen Bäumen auch Baumarten, die sich in wärmeren Breitengraden bereits bewährt haben.“ Deshalb will die Fraktion die gesetzlichen Rahmenbedingungen so anpassen, dass diese klimaresilienten Baumarten einfacher in Deutschland zugelassen werden.

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