Beschaffungen aus Sondervermögen Wehrbeauftragte hat Bedenken bei Einkaufsliste der Bundeswehr

Berlin · Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), hat mit Blick auf eine erste Beschaffungsliste der Bundeswehr Kritik geäußert. Der Schutz der Soldaten komme zu kurz. Zudem sorgt das Verteidigungsministerium mit Plänen für Ärger, neue Transporthubschrauber vom Typ Chinook anzuschaffen.

 Am polnischen Flughafen Rzeszow steht im März ein Boeing CH-47 Chinook Helicopter der US-Armee. (Archiv)

Am polnischen Flughafen Rzeszow steht im März ein Boeing CH-47 Chinook Helicopter der US-Armee. (Archiv)

Foto: dpa/Christophe Gateau

Die Bundesregierung hat dem Bundestag nun die Liste mit den Rüstungsgütern vorgelegt, die mit dem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für die Bundeswehr beschafft werden sollen. Die Palette reicht vom hochmodernen Tarnkappen-Kampfjet bis zu Soldatenstiefeln. Doch es gibt bereits Ärger.

Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), hat Zweifel geäußert, ob der Schutz der Soldaten und die Versorgung mit Munition ausreichend berücksichtigt wurde auf der Einkaufsliste. „Mit Blick auf die nun vorliegende Liste der Bundeswehr für die Verwendung des Sondervermögens habe ich noch offene Fragen“, sagte Högl unserer Redaktion. „Zum einen scheinen mir die Mittel für die Ausstattung von Sanitäterinnen und Sanitätern nicht ausreichend zu sein. Diese ist zentral für einen guten Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten sowohl in Friedens- als auch in Kriegszeiten“, sagte die SPD-Politikerin. „Zum anderen ist die Finanzierung für die Munitionsbeschaffung noch nicht geklärt.“ Der Truppe fehle Munition in Höhe von rund 20 Milliarden Euro. „Wenn die nicht aus dem Sondervermögen kommen, müssen sie zwangsläufig aus dem Wehretat gestemmt werden. Das scheint mir aber keine ausreichende Finanzierungsgrundlage für den anhaltend hohen Bedarf für die kommenden Jahre zu sein“, sagte Högl.

Das Sondervermögen soll an diesem Freitag vom Parlament beschlossen werden. In mehrere Bereiche sind die Milliarden-Ausgaben aufgefächert. Ein Überblick:

Luft (40,9 Milliarden Euro)

Als Nachfolger für den alternden Tornado soll der US-Tarnkappen-Jet F-35 beschafft werden. Er ist auch wichtig für die sogenannte nukleare Teilhabe in der Nato, bei der Verbündete wie Deutschland Zugriff auf US-Atombomben haben und diese im Ernstfall transportieren. Bis 2027 soll auch die Entwicklung des gemeinsam mit Frankreich und Spanien geplanten Kampfflugzeugprojekts Future Combat Air System (FCAS) aus dem Sondervermögen finanziert werden.

Auf der Liste stehen zudem Entwicklung und Kauf eines neuen Eurofighter-Modells für elektronische Kriegsführung (ECR Eurofighter). Gelder sollen auch in die Bewaffnung der Heron-Drohne fließen sowie in die Beschaffung von leichten Hubschraubern, Seefernaufklärern und dem weltraumbasierten Frühwarnsystem Twister.

Auch schwere Transporthubschauber vom Typ Chinook CH-47 des Herstellers Boeing sollen hinzukommen, was Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bereits Kritik einbringt. Lambrecht habe entschieden, die Beschaffung von 60 der Hubschrauber mit Luftbetankungsfähigkeit einzuleiten, heißt es in einer Unterrichtung des Ministeriums für die Obleute des Verteidigungsausschusses im Bundestag. Dort regt sich Widerstand, mehrere Obleute fordern einen Angebotsvergleich mit dem Konkurrenzmodell CH-53K „King Stallion“ vom Hersteller Sikorsky. Der Chinook sei „modern und erprobt“ und bei vielen Nato-Partnern im Einsatz, sagte Lambrecht. Sie verwies dabei darauf, dass der Zuschlag für das Boeing-Modell auch den Kauf einer größeren Zahl an Maschinen ermöglicht – der „King Stallion“ ist teurer, gilt aber als leistungsfähiger.

See (19,3 Milliarden Euro)

Für die Marine sollen weitere Korvetten vom Typ 130, Fregatten F126 sowie das Jagd-U-Boot 212 CD angeschafft werden. Hinzu kommen Mehrzweckkampfboote und ein Nachfolger für das bisherige Festrumpfschlauchboot, das etwa die Kampfschwimmer einsetzen. Zudem sollen Entwicklung und Beschaffung einer künftigen Marine-Rakete und U-Boot-Flugabwehrflugkörper finanziert werden.

Heer (16,6 Milliarden Euro)

Bei den Landstreitkräften geht es insbesondere um die Nachfolge für den Schützenpanzer Marder und den Truppentransporter Fuchs. Geld soll es auch für die restliche Nachrüstung des Schützenpanzers Puma geben. Hinzu kommen bis 2024 Mittel für die Entwicklung eines Nachfolgers für den Leopard-2-Panzer, der gemeinsam mit Frankreich entwickelt werden soll.

Führungsfähigkeit der Bundeswehr (20,7 Milliarden Euro)

Hier geht es vor allem um die Digitalisierung der Bundeswehr, etwa über neue Funkgeräte oder Gelder für einen Rechenzentrumsverbund. Hinzu kommen elektronische Führungsinformationssysteme für Einsätze und Investitionen in Satellitenkommunikation.

Bekleidung und persönliche Ausrüstung (zwei Milliarden Euro)

Soldatinnen und Soldaten sollen Nachtsichtgeräte und „Sprechsätze mit Gehörschutz“ für den Gefechtshelm bekommen. Zudem werden Mittel für die weitere Beschaffung des „Kampfschuhsystems Streitkräfte“, dem neuen Stiefel der Bundeswehr, bereitgestellt.

(afp/has/jd/may-)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort