EUROPA Die Europäer schicken die erste Garde

Brüssel · Die EU nimmt Afrika ernst. Diese Botschaft kommt durch die Besetzung zum Ausdruck, die die Europäer beim Gipfel aufbieten.

Bei der Kommissionssitzung am Mittwoch lässt er sich vertreten. Angela Merkel unterbricht die Bemühungen, in Berlin eine Regierung zu bilden für anderthalb Tage, um selbst dabei zu sein. Dies ist durchaus beachtlich, schließlich war sie kürzlich beim EU-Sozialgipfel im schwedischen Göteborg nicht dabei. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) ist ebenfalls vor Ort und nimmt am Außenministertreffen teil. Der Grund für so viel Prominenz dürfte die latent anhaltende Migrationskrise sein. In diesen Wintermonaten kommen zwar nicht besonders viele Schwarzafrikaner über das Mittelmeer. Doch die Politiker aus der EU wissen, dass viele Menschen in den Startlöchern stehen und die Zahlen jederzeit hoch gehen können. Aus Sicht der Bundesregierung geht es bei dem zweitägigen Treffen darum, die Grundlagen der Zusammenarbeit zwischen den beiden Nachbarkontinenten für die nächsten Jahre zu bestimmen. Die Themen sind Bekämpfung von Terrorismus und Organisierter Kriminalität, Klimawandel sowie Migration. Wobei beim Thema Migration EU-Diplomaten durchaus wissen, dass Europäer und Afrikaner unterschiedliche Sichtweisen haben: „Wir nähern uns von verschiedenen Enden her dieser Frage.“

Deutschland setzt sich bei dem Treffen etwa dafür ein, dass die afrikanischen Länder professionellere Polizeistrukturen bekommen. Außenminister Gabriel wird gemeinsam mit der Außenbeauftragten der EU, Federica Mogherini, und Vertretern der Afrikanischen Union in Abidjan für die Stärkung der afrikanischen Sicherheitsarchitektur auftreten. Aus deutscher Sicht liegt der Schlüssel für ein höheres Wirtschaftswachstum auf dem Kontinent bei der Verbesserung der Bedingung für Unternehmen, um in Afrika zu investieren. Dieses Thema hat die Bundesregierung bereits während der G-20-Präsidentschaft angestoßen. Bei dem Gipfel wollen EU und die afrikanischen Länder dann auch eine Investitionsoffensive verkünden. Aus dem EU-Haushalt und dem Entwicklungsfonds sollen dafür 4,1 Milliarden Euro bereit gestellt werden. Das Geld soll als Garantie eingesetzt werden, um Unternehmen Kredite für Investitionstätigkeit zu gewähren. Durch diesen Hebel-Mechanismus soll das Volumen der angestoßenen Investitionen deutlich höher liegen. Insgesamt sollen bis zu 44 Milliarden Euro für Investitionen mobilisiert werden.

Hilfsorganisationen kritisieren die Afrika-Politik der EU heftig. „Die sogenannten europäischen Kooperationsangebote sind in Wahrheit schmutzige Deals mit Regimes, in denen eklatante Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind“, schimpft Ramona Lenz von Medico International. Die hoch dotierten Abkommen mit Staaten wie Libyen, Ägypten und Eritrea, bei denen die Länder eigene Beiträge zur Reduzierung der Migrantenzahlen leisten, seien Tiefpunkte der EU-Politik. Ähnlich sieht es die Grüne Migrationsexpertin im EU-Parlament, Barbara Lochbihler: „Die Gewährung von Entwicklungshilfe und der Zugang zum EU-Markt werden zunehmend als Druckmittel eingesetzt, um die europäischen Abschottungsinteressen durchzusetzen.“

Im Umfeld der Bundesregierung wird der Vorwurf zurückgewiesen, Deutschland drücke sich um seine humanitäre Verantwortung. Deutschland sei mittlerweile weltweit zum zweitgrößten Geberland von Nothilfe aufgestiegen. Allein für das laufende Jahr habe Berlin 370 Million Euro für humanitäre Hilfe für Afrika zugesagt. Viel Geld davon gehe in Krisenregionen im Norden von Nigeria, in den Südsudan und ans Horn von Afrika.

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