Abstimmung Was Experten von Donald Trumps Steuerreform halten

Washington · Wirtschaftsexperten kritisieren US-Präsident Donald Trump für seine Steuerreform. Und auch Erben des Disney-Konzerns wettern. Was würde das Papier bewirken?

 Der Truthahn wird begnadigt. Immerhin. Seine Steuerreform will US-Präsident Donald Trump aber durchsetzen. Diese stößt auf harte Kritik: Experten sagen, Reiche würden bevorzugt entlastet, Schulden steigen.

Der Truthahn wird begnadigt. Immerhin. Seine Steuerreform will US-Präsident Donald Trump aber durchsetzen. Diese stößt auf harte Kritik: Experten sagen, Reiche würden bevorzugt entlastet, Schulden steigen.

Foto: dpa/Evan Vucci

Abigail Disney, die Enkelin Roy Disneys, der mit seinem Bruder Walt das legendäre Studio für Zeichentrickfilme gründete, will keine Steuergeschenke, und die Gründe dafür hat sie öffentlich dargelegt: Der Wohlstand ihrer Familie gehe auch darauf zurück, dass der Staat investiere, in Bildung, in die Infrastruktur, in die Forschung. Sonst gäbe es heute keine Disney Company, schreibt die Millionenerbin und warnt vor dem Weg in die andere Richtung: „Indem man Leuten wie mir, Leuten, die das nicht brauchen, Milliarden an Steuergaben zuschanzt, wird es das Staatsbudget unmöglich machen, noch für solche Investitionen zu zahlen“. Die Disney-Enkelin gehört zu einer Gruppe von rund 400 reichen Amerikanern, die in einem offenen Brief an den Kongress begründen, warum sie Donald Trumps Steuerreform für einen Fehler halten. Das Parlament, mahnt die Initiative „Responsible Wealth“, dürfe kein Gesetz verabschieden, das die soziale Ungleichheit noch verschärfe und den Schuldenberg weiter anwachsen lasse. Und für Trump steckt der Teufel bei der Reform im Detail. Aus mehreren Gründen.

Bloß kein neues Debakel: Als Trump auf Wahlkampfbühnen das Blaue vom Himmel versprach, warb er für die größte „Steuerrevolution“ seit den Achtzigern. Als Vorbild nannte er Ronald Reagan, der die Abgabenlast drastisch verringerte. In den nächsten Tagen entscheidet sich im Senat, ob der Präsident seinen ersten größeren Erfolg einfahren kann. Ob die Blaupause der Republikaner Gesetzeskraft erlangt oder Schiffbruch erleidet. Nach dem blamabel gescheiterten Versuch, Barack Obamas Gesundheitsreform durch „Trumpcare“ zu ersetzen, lastet ein immenser Erfolgsdruck auf den Akteuren. Ein zweites Debakel kann sich das Weiße Haus nicht leisten, will Trump nicht als reiner Ankündigungsweltmeister dastehen.

Die Mehrheit ist knapp: Da die Konservativen in der kleineren Parlamentskammer auf 52 von 100 Sitzen kommen, geht die Reform baden, wenn auch nur drei ihrer Senatoren dagegen stimmen. In dem Fall nützt es auch nichts, dass das Repräsentantenhaus mit seiner klaren republikanischen Mehrheit bereits einen eigenen Entwurf verabschiedet hat.

Es profitieren nicht alle: Die Entlastung der Mittelschichten bleibt deutlich hinter dem zurück, was der Wahlkämpfer Trump in Aussicht gestellt hatte, während die reichsten Amerikaner überdurchschnittlich profitieren. Nach Berechnungen des Center on Budget and Policy Priorities, eines angesehenen Instituts, würden die Steuersenkungen, wie sie das Abgeordnetenhaus anpeilt, nach zehn Jahren zu 83 Prozent Haushalten mit einem Jahreseinkommen von mehr als einer halben Million Dollar zukommen. In der vorsichtigeren Version des Senats fällt die Schieflage nicht ganz so krass aus, doch in beiden Skizzen kommt ein Bonus für die Wohlhabendsten hinzu: Die Erbschaftssteuer soll gänzlich entfallen, woraus angesichts derzeitiger Freibeträge nur die größten Vermögen einen Vorteil ziehen, 0,2 Prozent aller Erben. Bei den Mittelschichten fällt der Entlastungseffekt weit geringer aus, in Gegenden mit hohen lokalen Steuern werden sie womöglich sogar stärker als bisher zur Kasse gebeten.

Konnte man jenen Teil der Einkommenssteuer, die jeder Bundesstaat in eigener Regie erhebt, bislang von der beim Bund zu zahlenden Steuer abziehen, so soll dies künftig nicht mehr möglich sein. Verlierer sind Bewohner von Staaten wie New York oder New Jersey, generell des Nordostens der USA. Zufall oder nicht: Es war Hillary Clinton, die dort beim Duell gegen Trump die Nase vorn hatte.

Die Schulden steigen: Zum anderen ist kein Ende der Schuldenspirale in Sicht – was jene Republikaner, die unter Obama gar nicht laut genug vor ausufernden Defiziten warnen konnten, in den einen oder anderen Gewissenskonflikt stürzen sollte. Die Staatsschulden, aktuell 20,5 Billionen Dollar, dürften nach einer Prognose des Tax Policy Center, eines Thinktanks, im Laufe der nächsten Dekade um 1,3 Billionen steigen, falls die neuen Paragrafen den Kongress unverändert passieren. Das Vermindern der Steuerlast, halten führende Republikaner dagegen, löse einen Wachstumsschub aus, der mehr Geld in die Kassen spült, auch wenn die Sätze nominell sinken. Allein die Reduzierung der Unternehmenssteuer von 35 auf 20 Prozent werde der Wirtschaft Wind in die Segel blasen, orakelt Paul Ryan, der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses. „Der Wettbewerb wird befeuert, was zur Folge hat, dass die Löhne unserer Arbeiter steigen.“ Die University of Chicago kommt in einer Studie zu anderen Schlüssen. Sie hat 38 Ökonomen befragt, und bei 37 von ihnen fiel das Fazit ausgesprochen nüchtern aus: Das Wirtschaftswachstum werde voraussichtlich nicht mithalten mit dem der Schuldenberge.

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