Personen der Zeitgeschichte Frankreichs Präsidenten: Wie viele kennen Sie?
Seit der Gründung der Fünften Republik 1958 hatte Frankreich acht Präsidenten - alles Männer. Wer unser Nachbarland bisher geprägt hat.
Am Sonntag (24. April) fällt in Frankreich die Entscheidung, wer der oder die 9. französische Präsident oder Präsidentin wird. Amtsinhaber Emmanuel Macron und seine Herausforderin Marine Le Pen treten bei einer Stichwahl um das höchste Amt im Lande an. Aber wer hat Frankreich vor ihnen regiert und geprägt? Hier finden Sie eine Übersicht aller bisherigen französischen Staatsoberhäupter seit 1958.
Charles de Gaulle (1958-1969)
Der Anführer des Widerstands gegen die NS-Besatzung schuf nach der instabilen Zeit der Nachkriegsjahre 1958 eine Verfassung, die einen starken Präsidenten vorsah. 1959 wurde er von einem Wahlmännerkollegium in dieses Amt gewählt und sieben Jahre später vom Volk für ein zweites Mandat bestätigt. In seine erste Amtszeit fiel der Algerien-Krieg, der 1962 mit der Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonie endete. 1963 besiegelte De Gaulle zusammen mit Konrad Adenauer die deutsch-französische Aussöhnung durch den Elysée-Vertrag. Die Studentenproteste des Jahres 1968, bei denen sich Studenten und Gewerkschaften zusammenschlossen, läuteten das Ende der Ära de Gaulles ein. Nach einem verlorenen Referendum über die Regionalisierung trat er 1969 zurück und starb ein Jahr später. „Frankreich ist Witwe“ verkündete sein Nachfolger den Tod des heute noch quer durch alle Parteien verehrten Präsidenten.
Georges Pompidou (1969-1974)
De Gaulles politischer Ziehsohn Pompidou, der von 1962 bis 1968 Premierminister war, stand für die Modernisierung Frankreichs. Er trieb die Entwicklung der Atomkraft voran und ließ viele neue Straßen für den Autoverkehr bauen. Daneben machte der Lehrer sich als Feingeist und Kunstliebhaber einen Namen. So ist das Pariser Museum Centre Pompidou nach ihm benannt. Pompidou starb 1974 im Amt an einer Blutkrankheit.
Valéry Giscard d’Estaing (1974-1981)
Der in Koblenz geborene Giscard wurde als „französischer Kennedy“ mit 48 Jahren zum damals jüngsten Staatschef gewählt. Als moderner Präsident versuchte er, Frankreich vom Mief der Tradition zu befreien. So machte der Liberale Abtreibung und Ehescheidung möglich und senkte die Volljährigkeit auf 18 Jahre. Zusammen mit Bundeskanzler Helmut Schmidt legte er die Grundlagen für die europäische Währungsunion. Trotz seiner Reformpolitik schaffte es der fließend deutsch sprechende Giscard nicht, für eine zweite Amtszeit wiedergewählt zu werden. Die ihm zugeschriebene Arroganz machte ihn unbeliebt. Seine Abschiedsrede an die Französinnen und Franzosen beendete er mit einem beleidigten „Au Revoir“.
François Mitterrand (1981-1995)
Mitterrand gewann 1981 als erster Sozialist das Präsidentenamt. Seine Politik massiver Verstaatlichungen und hoher Sozialausgaben musste er schon nach einem Jahr korrigieren. Er schwenkte auf einen harten Sparkurs um, der die Kommunisten 1984 aus der Regierung trieb. Ähnlich wie Giscard zeichnete sich Mitterrand durch eine enge Beziehung zu Deutschland aus. 1984 hielten er und Helmut Kohl sich über den Gräbern von Verdun, wo eine der blutigsten Schlachten des Ersten Weltkriegs getobt hatte, an den Händen. Auf die deutsche Wiedervereinigung reagierte Mitterrand zunächst abwartend, stand dann aber zusammen mit Kohl Pate für den Maastrichter Vertrag, der die Grundlage für den Euro legte. Der Sozialist führte neben seiner offiziellen Familie ein Doppelleben mit einer fast 30 Jahre jüngeren Frau. Mitterrands zweite Amtszeit war vom Krebs gezeichnet, an dem er 1996 starb.
Jacques Chirac (1995-2007)
Schon kurz nach seiner Wahl 1995 hielt Chirac seine wichtigste innenpolitische Rede: Er erkannte als erster Präsident eine Mitschuld Frankreichs an den Verbrechen der Nazi-Besatzung im Zweiten Weltkrieg an. 2002 gewann Chirac seine Wiederwahl mit mehr als 80 Prozent, da überraschend der rechtsextreme Jean-Marie Le Pen in die Stichwahl gekommen war. In einer „republikanischen Front“ unterstützten damals alle anderen Parteien den Konservativen. Die zweite Amtszeit Chiracs war vom Irak-Krieg geprägt, dem er sich entgegen stellte. Es gebe keine „unanfechtbaren Beweise“ für Massenvernichtungswaffen, begründete er seine Weigerung, an der Seite der USA in den Krieg zu ziehen. 2005 setzte er ein Referendum über die EU-Verfassung an, die eine Mehrheit der Französinnen und Franzosen ablehnte. Nach dem Ende seiner Amtszeit wurde Chirac wegen Scheinarbeit im Pariser Rathaus in seiner Zeit als Bürgermeister zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Er starb 2019 im Alter von 86 Jahren
Nicolas Sarkozy (2007-2012)
Sarkozy war bereits unter Chirac Innenminister gewesen und hatte sich mit markigen Sprüchen beispielsweise zur Bekämpfung der Kriminalität in den Problemvorstädten hervorgetan. Nach seinem Wahlsieg gegen die Sozialistin Ségolène Royal stand erst einmal sein Privatleben im Mittelpunkt: Seine Frau Cécilia, mit der er eine Patchwork-Familie gegründet hatte, verließ ihn. Sarkozy ließ sich scheiden und heiratete wenige Monate später das frühere Top-Modell Carla Bruni. Größte Herausforderungen seiner Amtszeit waren die Finanzkrise 2008 und der Georgien-Krieg, in dem er als amtierender EU-Ratspräsident eine Vermittlerrolle hatte. Gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel bewältigte er beide Krisen, was den beiden den Spitznamen „Merkozy“ einbrachte. Nach seiner Abwahl musste Sarkozy sich wegen mehrerer Affären vor Gericht verantworten. Im vergangenen Jahr wurde er wegen Korruption und Einflussnahme zu drei Jahren Haft verurteilt.
François Hollande (2012-2017)
Der Sozialist gewann die Wahl gegen Sarkozy mit einem Bündnis mit den Grünen. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit führte er gegen massiven Widerstand konservativer Kreise die Homo-Ehe ein, die heute von einer Mehrheit der Französinnen und Franzosen begrüßt wird. Nachdem er im Wahlkampf noch die „Finanzwelt“ zu seinem Feind erklärt hatte, setzte er nach seiner Wahl einen wirtschaftsliberalen Kurs um, für den sein Berater und späterer Wirtschaftsminister Emmanuel Macron mit verantwortlich war. Gegen Reformen wie die des Arbeitsrechts gingen Hunderttausende auf die Straße. Der linke Flügel der Sozialisten wollte den Reformkurs nicht mittragen und wandte sich vom Präsidenten ab. In Hollandes Amtszeit fielen die islamistischen Anschläge der Jahre 2015 und 2016, bei denen mehr als 200 Menschen starben. Hollande gewann damals an Popularität, stürzte dann aber in den Umfragen ab. Lächerlich machte er sich, als eine Zeitschrift ihn auf dem Motorroller auf dem Weg zu seiner Geliebten Julie Gayet fotografierte. Am Ende war Hollande so unbeliebt, dass er auf eine erneute Kandidatur verzichtete.
Emmanuel Macron (2017-2022)
Hollandes Ex-Minister trat als Kandidat außerhalb der Traditionsparteien mit einer eigenen Bewegung an. Als jüngster Präsident der Fünften Republik gewann er die Stichwahl mit rund 66 Prozent gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen. Zu Beginn seiner Amtszeit setzte der damals 39-Jährige Reformen wie die des Arbeitsrechts und der Staatsbahn SNCF um. 2018 brachten die Proteste der so genannten Gelbwesten seinen Reformelan allerdings zum Erliegen. Auf die eigentlich angekündigte Rentenreform musste Macron verzichten. Auf EU-Ebene profilierte sich der Staatschef mit Ideen zur Stärkung der europäischen Souveränität. Mit dem gemeinsam durch Schulden finanzierten Wiederaufbauplan nach der Corona-Pandemie machte Europa einen Schritt in die von ihm geforderte Richtung. Zum Ende seiner Amtszeit übernahm Macron die Rolle des Krisenmanagers im Ukraine-Krieg, wo er als einziger westlicher Gesprächspartner wochenlang den Kontakt zum russischen Präsidenten Wladimir Putin hielt.