Landesregierung Von der Post ins Bildungsministerium: Thalfangerin will Folgen der Corona-Pandemie mildern

Thalfang/Mainz · Die Thalfanger SPD-Politikerin Bettina Brück ist neue Bildungsstaatssekretärin in Rheinland-Pfalz. Wie die 53-Jährige das geschafft hat, was sie erreichen will.

 Die Thalfangerin Bettina Brück ist neue Bildungsstaatssekretärin von Rheinland-Pfalz. Im Büro der SPD-Politikern finden sich noch viele Blumen-Geschenke, aber auch schon einige Akten, die sie bearbeiten muss.

Die Thalfangerin Bettina Brück ist neue Bildungsstaatssekretärin von Rheinland-Pfalz. Im Büro der SPD-Politikern finden sich noch viele Blumen-Geschenke, aber auch schon einige Akten, die sie bearbeiten muss.

Foto: TV / Florian Schlecht/Florian Schlecht

Der Arbeitstag beginnt für Bettina Brück momentan morgens um 7 Uhr, wenn sie im Dienstagwagen von Thalfang nach Mainz sitzt, Akten büffelt und in ersten Schalten telefoniert. Für die Hunsrückerin ging es zuletzt hoch hinaus. Im Bildungsministerium hat die SPD-Politikerin aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich ihr neues Büro bezogen – im 10. Stock. Und mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer ist die gebürtige Hermeskeilerin die einzige Frau aus der Region Trier, die es weit an die Spitze der Landesregierung geschafft hat. Die 53-Jährige ist neue Bildungsstaatssekretärin und folgte auf Hans Beckmann, der in Pension gegangen ist.

Wo Beckmann Lehrer war, ist Brück gelernte Diplom-Verwaltungswirtin, die bei der Post gearbeitet hat.  Gewappnet sieht sie sich trotzdem für die Bildung, die sie in Rheinland-Pfalz schon lange begleitet. 15 Jahre lang saß die SPD-Politikerin im Mainzer Landtag, zehn Jahre davon als bildungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Dort trat Brück als glühende Verteidigerin der sozialdemokratischen Bildungspolitik auf, die keine kritischen Worte gegen Ministerin Stefanie Hubig duldete und so manch genervtes Stirnrunzeln bei der Opposition erzeugte. CDU-Landesgeneral Jan Zimmer meldete dann auch gleich nach der Ernennung der Thalfangerin zu Wort: „Uns überzeugt diese Personalie nicht. Frau Brück ist in der Vergangenheit nicht mit wegweisenden oder innovativen Vorschlägen in der Bildungspolitik aufgefallen“, kritisierte er den Wechsel der Abgeordneten ins Ministerium.

Das sozialdemokratische Milieu findet es dagegen stimmig, Brück als Staatssekretärin ins Bildungsministerium zu schicken. In der Landtagsfraktion gärte es nach mancher vergangener Entscheidung über Kabinettsmitglieder, weil viele Abgeordnete sich übergangen fühlten.  Wissenschaftsstaatssekretär Denis Alt schaffte zwar in der vergangenen Legislaturperiode den Sprung aus der Fraktion in ein Ministerium. Davor hätten sich die SPD-Abgeordneten aber schon einen Gesundheitsstaatssekretär aus ihren eigenen Reihen gewünscht. Die Wahl fiel damals aber auf Alexander Wilhelm, der bereits in dem Haus arbeitete, kein Abgeordneter war und  inzwischen Geschäftsführer des Landeskrankenhauses ist. In der Fraktion stieß es dem Vernehmen nach auf Wohlwollen, Brück zur Staatssekretärin aufsteigen zu lassen,  weil sie in der Fraktion beliebt ist. Genossen halten Brück auch zugute, Gespräche mit Akteuren nicht gescheut zu haben, es um umstrittene rheinland-pfälzische Bildungsreformen  in der vergangenen Wahlperiode ging – wie das lange drohende Aus für kleine Grundschulen oder das Kita-Gesetz. Sie habe Einfühlungsvermögen gezeigt, heißt es auch von kritischen Beobachtern, die mit Brück den Wunsch nach mehr Empathie in der Ministeriumsspitze verbinden.

Zugleich muss die Thalfangerin anpacken. Ab dem 1. Juli startet das Kita-Gesetz. Eltern haben dann einen Rechtsanspruch auf eine Sieben-Stunden-am-Stück-Betreuung für ihre Kinder. Manche Erzieherin fürchtet schlechtere Betreuung, manche Kommune warnt vor hohen Kosten, Brück beschwichtigt: „Wir haben das Gesetz im parlamentarischen Prozess verbessert, jedes Jahr fließen jetzt zusätzliche 80 Millionen Euro statt zunächst geplanter 60 Millionen Euro in die Kitas. Es gibt ein 50 Millionen Euro starkes Sozialraumbudget, das jährlich um 2,5 Prozent wächst und ein 13,5 Millionen Euro Küchenprogramm, um die Träger zu unterstützen.“ Die Thalfangerin muss sie sich auch der Frage stellen, wie das Land die Folgen der Corona-Pandemie in den Schulen abfedert. „Kein Kind soll als Verlierer aus der Corona-Krise gehen“, sagt Brück und kündigt an, die Sommerschule fortführen zu wollen, bei der Kinder Lernrückstände aufholen können. Mit Volkshochschulen seien Kurse auf den Weg gebracht, um Schüler gezielt zu fördern. In der individuellen Förderung und gerade auch im Ganztagsbereich setze das Land „auf die weitere Zusammenarbeit mit den Volkshochschulen und anderen außerschulischen Kooperationspartnern, um die Folgen der Krise zu mildern“, betont die zweifache Mutter. Die Digitalisierung wolle man gemeinsam mit den Schulträgern vorantreiben. Laut Koalitionsvertrag sollen bis Ende des Schuljahres 2020/21 alle Schulen an W-Lan angeschlossen sein. Dazu plane das Ministerium, die Schule der Zukunft neu zu denken. „Wenn wir Fotos aus den Schulen über die Jahrhunderte sehen, waren die von den alten Römern bis heute in einer Frage gleich: Einer steht vorne, viele sitzen drumherum“, sagt Brück. Mit allen Akteuren wolle man einen Prozess anstoßen, wie man Digitalisierung und  multiprofessionelle Teams künftig einsetze. Wo es auch um den Ablauf einer klassischen Schulstunde oder das gewohnte Arbeiten in Klassen gehen könnte, stellt Brück das bildungspolitische Credo nicht zur Debatte. „Niemand darf ausgeschlossen werden aufgrund der sozialen Herkunft oder dem Geldbeutel der Eltern. Gleiche Bildungschancen sind mir als zentrale Frage der sozialen Gerechtigkeit besonders wichtig“, sagt die 53-Jährige, die in einem „ursozialdemokratischen Elternhaus“ aufgewachsen ist, in dem der Vater Fernmeldetechniker war und die Mutter Hausfrau ist. Ihr Vater machte zu Lebzeiten auch Kommunalpolitik in Thalfang und löste manches Problem im Gespräch am Schnurtelefon.

Der Weg seiner Tochter führte über die Thalfanger SPD in die kommunalen Gremien. 1998 verpasste sie als rheinland-pfälzische SPD-Kandidatin hauchdünn den Einzug in den Bundestag, als Gerhard Schröder Kanzler wurde. „15 kamen über die Liste rein, ich stand auf Platz 16“, sagt sie. 2006 schaffte es Brück dann in den Landtag, wo sie ihren Platz nun an B-Kandidatin Tamara Müller aus Morbach abgibt. „Ich versuche aber weiter, meine kommunalen Mandate zu behalten, weil ich der Region verbunden bleiben will“, sagt Brück, die ein Andenken aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich mit ins Büro nach Mainz genommen hat.

Kommt sie morgens nach langer Autofahrt im zehnten Stock an, trinkt die neue Staatssekretärin ihren Kaffee aus einer Traben-Trarbach-Tasse.

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