Politik Scholz wird SPD-Kanzlerkandidat: Genossen in der Region begeistert

Trier · Während führende regionale Sozialdemokraten positiv auf die Kandidaten-Kür des Bundesfinanzministers reagieren, hält ein Trierer Politikwissenschaftler die Nominierung für zu früh.

Scholz wird SPD-Kanzlerkandidat: Genossen in der Region begeistert
Foto: dpa/Kay Nietfeld

Aufbruchstimmung in weiten Teilen der SPD: Die gestern überraschend verkündete Kanzlerkandidatur von Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz wird von führenden Sozialdemokraten in der Region und im Land begrüßt. „Der richtige Kandidat in diesen schwierigen Zeiten“, sagt der Trierer SPD-Chef und Landtagsabgeordnete Sven Teuber. Auch der Chef der SPD im Eifelkreis Bitburg-Prüm, Nico Steinbach, hält Scholz für den richtigen Kandidaten. „Mit seiner besonnenen und sachlichen Art und seiner hervorragenden Erfahrung ist er der richtige Mann zur richtigen Zeit“, lobt der Landtagsabgeordnete den in der Öffentlichkeit oft als kühl wahrgenommenen Hanseaten. „Glücklicherweise gibt es in der Politik noch Personen seiner Art, für welche Populismus und Schauspielerei Fremdwörter sind.“ Scholz werde „alte und neue Wählerschichten“ erreichen, ist Steinbach überzeugt.

Er sei „einer der zuverlässigsten Menschen, die ich kenne. An seinem Wort kann man ein Tau festmachen“, feiert die aus Schweich stammende SPD-Europaabgeordnete und Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley, den Kanzlerkandidaten ihrer Partei. Er sei „klug, humorvoll (jawohl!) und noch dazu ein überzeugter Europäer“. In Bezug auf die anstehenden Wahlen im kommenden Jahr im Land und im Bund twitterte der Chef der SPD-Landtagsfraktion, Alexander Schweitzer: „First we take Mainz, then we take Berlin.“

Mit Olaf Scholz an der Spitze werde seine Partei in eine „sehr gute Ausgangslage für die Bundestagswahl“ kommen, ist SPD-Landeschef Roger Lewentz überzeugt. „Ich traue uns mit einem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz einen großen Sprung nach vorne zu.“

Scholz selbst gab gestern als Ziel aus, mehr als 20 Prozent der Wählerstimmen holen zu wollen. In aktuellen Umfragen kommen die Sozialdemokraten auf 15 Prozent. Als Schwerpunkte für den Wahlkampf nannte der Kandidat eine moderne Wirtschaftspolitik, starke Arbeitnehmerrechte und schärferen Klimaschutz. Eine Fortsetzung der großen Koalition schließt der Vize-Regierungschef aus.

Scholz stehe für all das, „was die Menschen an einem sozialdemokratischen Politiker“ schätzten, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer. „Mit ihm gehen wir gemeinsam in die neue Zeit“, ist die Trierer Sozialdemokratin überzeugt.

Der Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun geht davon aus, dass die SPD mit der Nominierung von Scholz auf Stimmen aus der Mitte hofft, um dann eine Mehrheit für ein Linksbündnis mit Linken und Grünen zu bekommen.

Es sei ein Versuch, die Partei zu befrieden. Immerhin sei die Wahl der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans eine „Scholz-Verhinderungs-Wahl“ gewesen, sagt Jun. Er hält es für einen Fehler, dass die SPD bereits jetzt ihren Kanzlerkandidaten nominiert hat. „Das ist viel zu früh.“ Bis zur Wahl im Herbst nächsten Jahres sei es noch eine „Marathonstrecke“.

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