Bildung Mit der Hand schreiben ohne Muskelkrämpfe

Trier · Experten warnen davor, dass Kinder die Fähigkeit zur Schreibschrift verlieren. Viele Jugendliche schreiben unleserlich.

Mal Hand aufs Herz: Wer hat eine auf Anhieb und von jedem  leserliche Handschrift? Keine Sorge: Dann sind Sie in „guter“ Gesellschaft.

Nach Angaben der Stiftung Handschrift haben die Hälfte aller Jungen und ein Drittel aller Mädchen eine unleserliche Handschrift. Immer mehr Kinder hätten Probleme mit dem Schreiben. An den weiterführenden Schulen beklagten die Lehrer die unleserliche Schrift der Schüler. Für mehr als die Hälfte von ihnen stelle es ein Problem dar, längere Passagen mit der Hand „ohne Muskelkrämpfe“ zu schreiben.Die Wissenschaft zeige, dass das Schreiben mit der Hand viele Vorteile habe, die verloren gingen, „wenn man der Digitalisierung und dem Verlust der Handschrift unbeschränkt stattgibt“, heißt es bei der Stiftung, die sich für den Erhalt und die Stärkung der Handschrift einsetzt. Kinder und Jugendliche tippten oder diktierten Sprachnachrichten in ihre Smartphones. „So verlernt man buchstäblich das Schreiben“, sagt Raoul Kroehl von der Stiftung Handschrift. Um Kindern und Jugendlichen Spaß an einer leserlichen Schreibschrift zu vermitteln, hat sie im vergangenen Jahr in Hessen einen Wettbewerb initiiert. Schüler sollten trotz Whatsapp und Sprachnachrichten einen Liebesbrief handschriftlich verfassen. Immerhin über 7000 Sechst- und Siebentklässler haben sich daran beteiligt.

Dass es offenbar auch Schreibdefizite bei rheinland-pfälzischen Grundschülern gibt, legte eine Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) im Jahr 2016 offen. Vor allem bei Rechtschreibung schnitten im Ländervergleich überdurchschnittlich viele Schüler schlecht ab. Die Ergebnisse für Rheinland-Pfalz seien kein Ergebnis, über das man jubeln könne, sagte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD).  Aber Panikmache sei fehl am Platz.

Die CDU-Landtagsfraktion wollte daraufhin vom Bildungsministerium wissen, ob es womöglich einen Zusammenhang mit dem schlechten Abschneiden und dem Erlernen der klassischen Schreibschrift in den Grundschulen gebe.

Für die Entwicklung der Lese- und Schreibkompetenz sei das Erlernen und die sichere Beherrschung „einer gut lesbaren und flüssigen Handschrift“ grundlegend, antwortete Bildungsstaatssekretär Hans Beckmann im Landtag. Welche Handschrift letztlich gelehrt werde, das sei den Schulen überlassen. „Eine solche Handschrift ergibt sich allerdings nicht von allein aus der freien Entfaltung einer Ausgangsschrift, sondern muss explizit entwickelt und begleitet werden“, heißt es beim Grundschulverband. Viele  Lehrer und Eltern seien unzufrieden mit dem Schreibunterricht. „Kinder schreiben zum Teil zu wenig formklar, zu langsam und ohne Schwung.“

Manche Handschriften seien dann kaum noch lesbar. Auch die Kinder seien sich dieses Problems  bewusst und wechselten dann wieder zu einer unverbundenen Druckschrift, mit der sie in der ersten Klasse das Schreiben gelernt hätten.  Daher lautet die Forderung des Verbandes: Kinder sollten ausschließlich die von den Grundschullehrern vor 14 Jahren entwickelte Grundschrift (siehe Grafik) lernen.Dadurch könnten Kinder quasi ihre eigene Handschrift entwickeln. Zwar wird an rheinland-pfälzischen Grundschulen noch überwiegend die Lateinische Ausgangsschrift gelehrt,  Aber an immer mehr Schulen wird mittlerweile ausschließlich die Grundschrift vermittelt.

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