Aus dem Archiv Es fehlen Lehrer in Rheinland-Pfalz – aber wie viele?

Trier · Das Land bestreitet, dass es einen Mangel gibt. Experten warnen seit langem vor höherem Bedarf. Eltern fordern eine Milliarde Euro mehr.

  Bis 2025 soll es in Rheinland-Pfalz 18 500 Grundschüler mehr geben als derzeit. Das bedeutet, dass zusätzliche Lehrer eingestellt werden müssen.

Bis 2025 soll es in Rheinland-Pfalz 18 500 Grundschüler mehr geben als derzeit. Das bedeutet, dass zusätzliche Lehrer eingestellt werden müssen.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Bis 2027 gehen 7144 Lehrer in Rheinland-Pfalz in den Ruhestand. Darauf hat der Landesrechnungshof im Februar hingewiesen. Auch die Lehrergewerkschaft VBE weist seit längerem darauf hin, dass an den Grundschulen im Land mindestens 2000 neue Stellen geschaffen werden müssen. Trotzdem hat Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) immer bestritten, dass es einen Lehrermangel gibt.

Selbst nach den am Montag von der Bertelsmann-Stiftung vorgelegten Zahlen, wonach es bundesweit einen deutlichen Mangel an Grundschullehrern gibt, sieht sie keinen Grund, alarmiert zu sein. Laut Hubig werde es 2025 bis zu 18 500 zusätzliche Grundschüler im Land geben. Rheinland-Pfalz habe immer über Bedarf ausgebildet und werde das auch weiterhin tun, verkündete sie. Derzeit gebe es im Land rund 11 000 hauptamtliche Grundschullehrer, und: „Wir stellen jedes Jahr kontinuierlich Grundschullehrkräfte ein und bauen die Planstellen weiter aus.“

Bis vor einiger Zeit ist man im Bildungsministerium noch davon ausgegangen, dass die Zahl der Schüler weiter zurückgehen wird. Laut Statistischem Landesamt sank sie von 2007 bis 2017 um 13 Prozent, im gleichen Umfang wie der Anteil der Sechs- bis 19-Jährigen im Land zurückgegangen ist. Daher hat Hubig zu Beginn ihrer Amtszeit angekündigt, Lehrerstellen (außer in Grundschulen) abzubauen, über 300 weniger sollten es bis kommendes Jahr sein. Dass nun, anders wie noch vom Statistischen Landesamt in seiner Bevölkerungsvorausberechnung aus dem Jahr 2015, die Zahl der Geburten wieder steigt, führt dazu, dass auch der Bedarf an Lehrern deutlich wächst.

Die Statistiker sind in ihrer Prognose vor vier Jahren noch von einer konstanten Geburtenrate von 1,4 Kindern je Frau ausgegangen. Im Frühjahr dieses Jahres wurde die Zahl auf 1,5 bis 1,6 nach oben korrigiert und von einem leichten Anstieg der Geburtenrate gesprochen, was wiederum dazu führe, dass der prognostizierte Bevölkerungsrückgang in Rheinland-Pfalz später einsetze.

Der Lehrerverband VBE kritisiert, dass der Landesregierung in Sachen Bildungspolitik die Weitsicht fehle. Es sei keinesfalls verwunderlich, dass der Lehrermangel doch schwerwiegender werde als bisher angenommen, meint VBE-Landeschef Gerhard Bold. Neben der Einstellung zusätzlicher Grundschullehrer fordert er auch eine bessere Bezahlung.

Um die fehlenden Lehrer auszugleichen, führe kein Weg daran vorbei, zusätzlich Seiteneinsteiger einzustellen, also Personal, das nicht als Grundschullehrer ausgebildet ist. „Seiten- und Quereinsteiger sind allerdings die Ultima Ratio, um die Unterrichtsversorgung gewährleisten zu können“, sagt Oliver Pick, stellvertretender VBE-Landesvorsitzender. Bevor dieses Personal vor den Schülern stehe, müsse es aber ausreichend in Grundschulpädagogik ausgebildet werden.

Auch Reiner Schladweiler zeigt sich wenig überrascht über die am Montag vorgelegten Zahlen. Für den Vorsitzenden des Regionalelternbeirats ist das nur die Spitze des Eisbergs. Bereits jetzt gebe es einen eklatanten, täglich spürbaren Lehrermangel. Kaum ein Tag vergehe, an dem die Schüler nicht früher nach Hause kämen, „als es der Stundenplan vorgesehen hat“. Seit fünf Jahren laute daher seine Forderung, mindestens 5000 zusätzliche Lehrerstellen zu schaffen. Und jährlich eine Milliarde Euro mehr in den rheinland-pfälzischen Bildungsetat zu stecken.

Um ihre Forderungen zu untermauern, rufen die Elternvertreter seit Monaten zu Samstagsdemos in Mainz auf. Am vergangenen Samstag sind laut Schladweiler rund 80 Eltern dem Aufruf gefolgt. Sechs Demos seien noch in Planung, „bis wir  einigen Landtagsabgeordneten gewaltig auf die Nerven gehen“, kündigt der Elternsprecher an. „Wir haben keine Lust mehr, weiter zuzuschauen und meinen es ernster denn je mit der Umsetzung unserer Forderungen.“

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