Parteien Vor dem Bundesparteitag: „Es geht um die Existenz der SPD“

Trier · Parteivize Malu Dreyer wirbt vor der Abstimmung über eine neue Groko um Zustimmung. Eine knappe Entscheidung wird erwartet. Delegierte aus der Region sind geteilter Meinung.

 Malu Dreyer ist für eine Koalition mit der CDU.

Malu Dreyer ist für eine Koalition mit der CDU.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Soll die SPD in Koalitionsverhandlungen mit der Union eintreten oder soll die Partei  es besser bleiben lassen und sich auf Neuwahlen einstellen? Darüber entscheidet am Sonntag ein SPD-Sonderparteitag in Bonn. 600 Delegierte und 45 Vorstandsmitglieder werden voraussichtlich am Nachmittag per Handzeichen darüber  abstimmen. Die einfache Mehrheit reicht.

Es dürfte spannend werden, auch wenn sich die Parteispitze nahezu einhellig für eine Neuauflage der großen Koalition ausgesprochen hat. Auch die bis vor kurzem noch skeptische neue SPD-Vize Malu Dreyer ist inzwischen dafür. „Wir haben in den Sondierungen viel mehr für die Menschen in Deutschland erreicht, als es eine Jamaika-Regierung durchgesetzt hätte“, sagte Dreyer unserer Zeitung. Auch deswegen sei sie jetzt für „ein Zweckbündnis mit der CDU“. Es gehe um Deutschland und um die Existenz der Partei.

Dramatische Worte, die den Ernst der Lage für die bei der Bundestagswahl auf 20,5 Prozent abgerutschte SPD verdeutlichen. „Die Partei steht vor einer Zerreißprobe“, meint auch der Trierer Politikwissenschaftler Markus Linden. Der Universitätsdozent geht davon aus, dass der Parteitag am Sonntag wohl mehrheitlich für Koalitionsverhandlungen mit der Union stimmen wird. „Schwieriger dürfte später die Abstimmung bei den Mitgliedern werden“, sagt Linden voraus. Jüngste Umfragen geben dem Wissenschaftler recht. Laut dem ZDF-Politbarometer würden 51 Prozent der SPD-Anhänger der Opposition den Vorzug geben, 47 Prozent einer neuen Groko. Doch zunächst einmal sind am Sonntag die Delegierten am Zug. In Bonn sind auch 49 rheinland-pfälzische Delegierte dabei. Wie sie sich entscheiden, ist Sache jedes Einzelnen. Eine Empfehlung werde es nicht geben, sagte SPD-Landeschef Roger Lewentz vor einer Vorstandssitzung am gestrigen Abend in Mainz.

  Nach Informationen unserer Zeitung wollen von den acht Delegierten aus der Region Trier am Sonntag drei gegen eine Fortsetzung des Bündnisses mit der Union stimmen: der Trierer Landtagsabgeordnete Sven Teuber, der Dauner Kreisvorsitzende Jens Jenssen und der ehemalige Juso-Landeschef Erik Schöller (Föhren). Ein Grund: Unzufriedenheit über die Ergebnisse bei den Sondierungsgesprächen.

Neben Vize Malu Dreyer wollen Familienministerin Katarina Barley (Schweich), die Landtagsabgeordneten Bettina Brück (Thalfang) und Nico Steinbach (Bitburg) sowie Anna Gros (Trier) – wenn auch mit Bauchschmerzen, wie sie fast unisono betonen – auf dem Parteitag für eine neue Groko stimmen. Sie verweisen auf Erfolge in den Sondierungsgesprächen, die nun noch präzisiert werden müssten.

Auch Nicht-Delegierte wie der Bitburger SPD-Vorsitzende Heiko Jakobs oder sein Trier-Saarburger Kollege Dirk Bootz befürworten Koalitionsgespräche mit der Union.

Spricht sich auf dem Parteitag eine Mehrheit der Genossen dafür aus, werden die Verhandlungen wohl schon  am Montag beginnen. Vor Fastnacht werden sie kaum beendet sein. Es dürfte also Ende Februar werden, bis die über 430 000 SPD-Mitglieder bundesweit über eine mögliche Neuauflage der großen Koalition abstimmen. Und erst anschließend – etwa ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl – steht fest, ob es eine neue Regierung oder Neuwahlen geben wird.

Warum sind Sie für oder gegen eine Neuauflage der großen Koalition?, wollte der TV von den regionalen SPD-Delegierten und weiteren Genossen wissen. Die Antworten in voller Länge gibt es hier.

In einem TV-Interview hat sich auch der Trierer Politikwissenschaftler Markus Linden zum Bundesparteitag geäußert.

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