Gesundheit Millionen-Streit um schnelle Hilfe bei Schlaganfällen in der Region

In einer Klagewelle fordern Kassen in 16 800 Fällen Geld von Kliniken zurück. Manche Krankenhäuser sind in der Existenz bedroht, sagt ein Experte aus Wittlich.

Gesundheit: Millionen-Streit um schnelle Hilfe bei Schlaganfällen in der Region
Foto: dpa/Stephan Jansen

Der Schlaganfall-Versorgung im ländlichen Raum droht ein jähes Ende. Davor warnt der Wittlicher Gerhard Gaß, der Präsident der deutschen Krankenhausgesellschaft ist. Eine Klagewelle von Krankenkassen setzt Kliniken unter Druck.

Allein in Rheinland-Pfalz haben Kassen zuletzt in 16 800 Fällen bei Sozialgerichten geklagt, um von den Krankenhäusern angeblich zu hohe gezahlte Leistungen zurückzufordern. 920 Klagen meldet das Sozialgericht Trier.

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Ein großer Teil der Fälle betrifft kleine Kliniken, die Schlaganfälle behandeln, sagt Gaß. Er spricht bundesweit von einer halben Milliarde Euro an Forderungen, die bereits jetzt an Kliniken gestellt würden. „Wenn die Kassen ihre Klagen durchdrücken, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie sich die Schlaganfall-Einheiten in kleinen Häusern finanzieren sollen“, sagt er. In der Region sind von den Klagen die Kliniken in Daun, Wittlich und Bitburg betroffen.

Hintergrund ist das jüngste Urteil des Bundessozialgerichts: Kliniken müssen danach gewährleisten, Patienten mit einem schweren Schlaganfall, die operiert werden müssen, deutlich schneller zu einem spezialisierten Neurochirurgen zu transportieren.

In der Region hat eine solche Abteilung nur das Trierer Brüderkrankenhaus. Franz-Josef Jax, Krankenhausdirektor in Daun, rechnet im schlimmsten Fall mit 1,3 Millionen Euro, die sein Haus zurückzahlen muss. Er ist empört. Die Versorgung von Schlaganfallpatienten aufrechtzuerhalten „wird ohne finanzielle Unterstützung kaum zu bewerkstelligen sein“, sagt Jax.

Die Klagewelle führen Kritiker auch auf ein neues Bundesgesetz zurück, wonach Kassen künftig nur noch zwei statt vier Jahre Zeit haben sollen, Leistungen zurückzufordern.

Weil ältere Forderungen bis zum 9. November geltend gemacht werden mussten, beklagt die AOK Rheinland-Pfalz, unter einen „enormen, ungerechtfertigten Zugzwang“ gesetzt worden zu sein. Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) lädt heute zu einem Schlichtungsgespräch.

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