200 Kameras überwachen WM-Fans

MAINZ. Verschärfte Sicherheitsgesetze, staatliche Wissbegier und technischer Fortschritt haben nach Überzeugung des Landesdatenschutzbeauftragten die Grundrechte im Datenschutz nicht in vielfach befürchtetem Umfang ausgehöhlt. Das Gleichgewicht konnte "einigermaßen gewahrt" werden, so Professor Walter Rudolf.

Polizeigesetze, Videoüberwachung, unzureichend abgesicherte Funknetze oder elektronische Gesundheitskarte: Der Datenschutzbeauftragte des Landes kämpft an vielen Fronten, um die Persönlichkeitsrechte jedes Einzelnen zu wahren, wie sein in Mainz vorgelegter Bericht belegt. Während sich die Daten-Sammelwut im privatwirtschaftlichen Bereich auf freiwilliger Basis immens ausbreitet (etwa Kundenkarten), verspürt Rudolf zumindest im öffentlichen Bereich eine zunehmende Sensibilität der Verwaltung beim Umgang mit Daten. Erheblich ausgeweitet wurde die Beratung. So ist der Datenschützer auch beim Modellprojekt elektronische Gesundheitskarte in Trier gefragt, das die anonymisierte und verschlüsselte Speicherung der Patientenakten testet. Entschlüsselt wird diese Akte durch die Chipkarte. Nachgesteuert werden müsste nach Auffassung Rudolfs bei den Zugriffsrechten zu den Daten, wenn etwa der Orthopädie nicht unbedingt mitbekommen soll, dass der Patient auch beim Psychiater in Behandlung ist.Landesbeauftragter mahnt Nachbesserungen an

Video-Überwachungen in öffentlichen Bereichen sind nach Angaben des Datenschützers in Rheinland-Pfalz ganz selten. Das wird sich jedoch zumindest vorübergehend ändern, wenn zu den Fußball-WM-Spielen in Kaiserslautern rund 200 Überwachungskameras installiert werden. Da nur kurze Speicherzeiten vorgesehen sind und ein Missbrauch nicht zu befürchten ist, gibt es keine Einwände gegen das relativ dichte Überwachungsnetz im Stadion, auf den Zuwegen und in der Innenstadt. Videoüberwachung am Eingang von Schulen hält der Datenschützer für zulässig, wenn es bereits zu massiven Sachbeschädigungen gekommen ist. Bemängelt wird von Rudolf, dass die Daten von Arbeitslosengeld II-Empfängern bundesweit von den zuständigen Behörden auch ohne Gründe abrufbar sind. Der unkontrollierte Zugriff sei technisch bedingt und eine Folge der schnellen Umsetzung der Hartz-Reform. Auf ein unzureichend gesichertes Funknetz sind die Datenschützer in Mainz gestoßen. In der Innenstadt wurden 290 Funknetze lokalisiert, von denen mehr als die Hälfte nicht verschlüsselt waren. Bei den verschlüsselten konnten bei 95 Prozent innerhalb von bis zu 15 Sekunden die Schutzmechanismen überwunden werden. Nachbesserungen werden auch bei der seit April 2005 möglichen Kontenabfrage von Stammdaten (Name, Wohnort) bei Banken verlangt. Auf gerichtliche Intervention wurde lediglich in einem Anwendungserlass vom Bundesfinanzministerium geregelt, welche Behörden Zugriff auf die Stammdaten haben. Die Datenschützer fordern, diese Einschränkungen verbindlich ins Gesetz aufzunehmen. Mangelnde Überwachung hat Walter Rudolf auch bei der Sicherheit von Kommunikationssystemen öffentlicher Verwaltungen in Tests festgestellt. So wurde ein automatisierter "Angriff" der Datenschützer auf den Passwortschutz auch nach 600 000 Versuchen nicht erkannt.

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