Affäre Bamberger: Opposition verschießt ihre letzte Patrone

CDU und FDP sind am Mittwoch im Landtag erneut mit ihrem Vorhaben gescheitert, Justizminister Heinz Georg Bamberger aus dem Amt zu drängen. Die SPD hat den in der Geschichte des Landes erstmaligen Antrag auf eine Ministeranklage abgewehrt.

Mainz. Seit dem 18. Mai 2006 leitet Heinz Georg Bamberger das Justizressort. Er gilt als umgänglicher und kompetenter Rechtsexperte. Als ihn Ministerpräsident Kurt Beck zum Minister ernannte, wurde das allgemein als gelungener Coup bewertet. Fünf Jahre später bleibt festzuhalten, dass noch nie ein Mitglied der Landesregierung so von der Opposition bekämpft worden ist wie Bamberger. An ihm haftet der Makel einer missglückten Stellenbesetzung, der nach seiner eigenen Einschätzung seine gesamte Amtszeit überschattet.

Sondersitzungen von Ausschüssen und des Landtags, ein Misstrauensvotum, schließlich der Antrag auf eine Ministeranklage: CDU und FDP haben alles versucht, um Bamberger zum Rücktritt zu zwingen. Ob der Minister nicht wollte oder aufgrund der bevorstehenden Landtagswahl nicht durfte, bleibt offen. Vermutlich trifft beides zu. Die politische Karriere des 64-jährigen Juristen neigt sich dennoch dem Ende zu. Der nächsten Regierung wird er kaum angehören, selbst wenn die SPD sie stellt.

Warum der Polit-Streit derart eskalierte, dass die Opposition am Mittwoch das laut Verfassung schärfste mögliche Schwert zückt, hat zwei Gründe. "Sie erhoffen sich durch das Skandalisieren mediale Wirkung im Wahlkampf", wirft SPD-Fraktionschef Jochen Hartloff der Opposition vor. Die Besetzung des Chefpostens am Oberlandesgericht Koblenz mit Ralf Bartz, die vom Bundesverwaltungsgericht als unrechtmäßig aufgehoben wurde, sei "eine schwierige Auseinandersetzung gewesen, aber kein Skandal". Inhaltlich sei eine Ministeranklage, laut Hartloff ein "Fossil ohne praktische Bedeutung", nicht gerechtfertigt.

Das ist die eine Sicht der Dinge. Die andere formuliert FDP-Fraktionschef Herbert Mertin: "Bamberger hat sich in vollem Bewusstsein über die Rechtslage hinweggesetzt." Die Regierung verteidige diesen Rechtsbruch so penetrant, dass der Opposition keine andere Möglichkeit bleibe, als eine Ministeranklage zu beantragen. Das Ziel sei, den Verfassungsgerichtshof das Verschulden des Ministers feststellen zu lassen, das die SPD hartnäckig leugne.

CDU-Fraktionschef Christian Baldauf stellt die Vorfälle in einen größeren Zusammenhang. "Es geht um die fundamentale Frage: Wie ernst ist es uns mit der Garantie der Grundrechte?" Bürger könnten kein Vertrauen mehr in die Justiz haben, wenn an alleroberster Stelle nicht nach Recht und Gesetz entschieden werde. Justizminister Bamberger habe im Besetzungsverfahren am OLG eindeutig gegen Grundrechte verstoßen, und das nicht nur grob fahrlässig, sondern vorsätzlich. Baldauf greift Ministerpräsident Beck an. Er habe es nicht geschafft, nur ein Wort des Bedauerns für den unterlegenen Bewerber Graefen zu finden. "So geht man nicht mit Menschen um - schon gar nicht, wenn man selbst einen Fehler gemacht hat."

Der Regierungschef betont, Bartz habe das OLG Koblenz dreieinhalb Jahre lang "hervorragend geführt". Wenn die Opposition eine Ministeranklage gegen Bamberger beantrage, müsse sie auch die Folgen eines Erfolges bedenken: Verlust des Ruhegehalts, der Wählbarkeit und des Wahlrechts, Einzug des Vermögens. "Das ist maßlos überzogen."

Der Mann, der im Mittelpunkt der emotionsgeladenen Sitzung steht und am Ende auch diesen Angriff gegen ihn übersteht, verteidigt sich ungewohnt offensiv. Auch in anderen Bundesländern würden Rechtsfragen von Gerichten anders beurteilt als von der Verwaltung. Dort werde "kein Minister in der Art und Weise angegangen" und "künstlich ein Justizskandal erzeugt", sagt Heinz Georg Bamberger. "Was soll das?" HINTERGRUND Bei einer Ministeranklage kann gemäß Artikel 131 der Landesverfassung jedes Mitglied der Landesregierung, das im Amt "vorsätzlich oder grob fahrlässig" die Verfassung oder ein Gesetz verletzt, vom Landtag angeklagt werden. Die Anklage muss von 30 Abgeordneten beantragt und mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden. Stellt der Verfassungsgerichtshof die Schuld fest, muss der Minister entlassen werden. Ihm drohen ferner Strafen wie Einzug des Vermögens oder Verlust von Versorgungsansprüchen.(fcg)

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