Alle Welt schwärmt vom Mosel-Riesling

PIESPORT/WEHLEN. Vor nicht allzu langer Zeit dümpelte der Riesling von Mosel, Saar und Ruwer vor sich hin: schlechte Preise, schlechtes Image. Doch das ist vorbei. Es geht wieder steil nach oben.

Was für eine Arbeit! Etwa 10 000 Flaschen Wein hat die Gault-Millau-Redaktion geöffnet, den Inhalt probiert und bewertet. Herausgekommen ist der Gault Millau Wein Guide Deutschland 2007, der gestern in Mainz präsentiert wurde. Und nie wurde es deutlicher als beim Jahrgang 2005, der dem Buch zu Grunde liegt: Speziell die feinfruchtigen und edelsüßen Rieslinge von Mosel und Saar stehen weiter vorne denn je. Hier werde die wahre Größe des Rieslings voll zur Geltung gebracht, sagen die Autoren. "Wir probierten grandiose Weine, wie sie in 100 Jahren nur ein paar Mal gelingen", schwärmen Armin Diel und Joel Payne. Die jeweiligen Top-Ten bei den fruchtigen Spät- und Auslesen sowie den edelsüßen Gewächsen machen Mosel und Saar fast unter sich aus. Haart erwartet Sog-Effekt für ganz Piesport

An der Spitze stehen Theo Haart (Weingut Reinhold Haart) aus Piesport, der zum "Winzer des Jahres" ausgerufen wurde und Manfred Prüm (Weingut Joh. Jos. Prüm) aus Wehlen, der die "Kollektion des Jahres" präsentiert. Theo Haart, dessen Weine die Autoren mit "unvergleichlichen Kunstwerken" vergleichen, rückt mit der Bewertung fünf "Trauben" in die Weltspitze auf, in der sich Manfred Prüm zusammen mit Wilhelm Haag (Brauneberg), Ernst Loosen (Bernkastel-Kues) und Egon Müller (Wiltingen) bereits befindet. Drei Weine von Mosel und Saar dominieren außerdem in den einzelnen Kategorien, die der Gault Millau auflistet: eine Spätlese von Theo Haart, eine Auslese von Hans-Joachim Zilliken (Saarburg) und ein feinherber Riesling von Peter Lauer (Ayl). Bereits am Mittwoch hatte der andere große Weinführer, "Eichelmann Deutschlands Weine 2007", Hans-Joachim Zilliken für die deutschlandweit "beste edelsüße Kollektion" geehrt (der TV berichtete). "Mein Ziel ist es, Top-Weine zu machen", sagt Theo Haart. Dass er nun sogar "Winzer des Jahres" ist, überrascht den 55-Jährigen aber doch. Auf sieben Hektar (alles Steillagen) baut er Riesling an. Der Sprung an die Weltspitze wird, so hofft er, Sogwirkung für ganz Piesport haben. Zu oft habe der Ort unter der Großlagen-Bezeichnung "Piesporter Michelsberg" gelitten: unter Massenware, in der sich oft kein Tropfen Piesporter Wein befindet. "Deshalb ist diese Auszeichnung eine Genugtuung", sagt Haart. Mit Sohn Johannes steht bereits die nächste Generation für das Weingut, das urkundlich bis auf das Jahr 1337 zurückdatiert werden kann, bereit. "Für mich ist das natürlich eine Herausforderung", sagt der 23-jährige angehende Diplom-Oenologe. Etwa 20 Kilometer weiter moselabwärts freut sich ein Mann über die Auszeichnung "Beste Kollektion des Jahres". Damit ist er so etwas wie der Grandseigneur des Weinbaus an der Mosel: Manfred Prüm. Der promovierte Jurist war bereits 1996 "Winzer des Jahres" und genießt in der Weinwelt einen Namen wie Donnerhall. Seine Weine, die er auf 20 Hektar anbaut, genießen Kultstatus: unter anderem, weil sie auch nach 20 oder mehr Jahren noch von unglaublicher Frische geprägt sind. Prüms Prämisse für exzellenten Wein klingt einfach. "Die Lagen sind wichtig - und der Weinberg." Die Riesling-Winzer haben nach seiner Meinung "einmalige Möglichkeiten" sich abzuheben und keinen "Global-Wein zu machen". Prüm bleibt bei allem Erfolg bescheiden. "Ich neige nicht zum Abheben. Ich will einen vernünftigen Job machen", sagt er. Ein paar Jahre will Prüm noch den Betrieb führen ("so lange ich mich nützlich machen kann"). Danach wird Tochter Katharina, ebenfalls promovierte Juristin, in die Verantwortung treten. Vorgaben will der Vater ihr keine geben. "Sie muss sich selbst finden", sagt er. Die Tochter weiß um das Erbe. Es mache Spaß, einen Betrieb nach oben zu führen. "Aber es macht mehr Spaß, einen Betrieb an der Spitze zu halten", sagt sie. Die jüngsten Erfolge setzen einen Trend fort, der an der Mosel seit einigen Jahren zu beobachten ist. Moselwein gilt in der Welt wieder etwas, vor allem in den USA und in Japan sind hochwertige Moselweine, speziell Rieslinggewächse, so gefragt wie noch nie. Die führenden Weinjournalisten der Welt schwärmen von den Spitzenweinen der Mosel, und viele Top-Restaurants von New York bis Sydney führen deutsche Rieslinge. Und auch die Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) sind erfreulich: Moselwein hat von 2004 auf 2005 im deutschen Lebensmitteleinzelhandel seinen Anteil von fünf auf sieben Prozent steigern können. Von diesem Boom profitieren auch die Trauben- und Fassweinerzeuger an der Mosel. Riesling-Qualitätsweinmoste des Jahrgangs 2006 werden aktuell zu 1,20 Euro/Liter gehandelt. Zum Vergleich: Mitte der 80er-Jahre zahlten die Kellereien nicht einmal ein Drittel dieses Preises. Nicht nur große Weinkellereien sind fleißige Abnehmer, auch immer mehr sehr gute selbstvermarktende Weingüter kaufen bei Winzerkollegen Trauben und Most, um die Nachfrage befriedigen zu können. Schließlich wirken sich das neue Moselwein-Image und die bessere Marktstellung auch auf die junge Winzergeneration aus. Immer mehr Winzersöhne und -töchter wollen den Beruf des Winzers oder Kellermeisters erlernen. Ganz neu ist der Trend, dass "Quereinsteiger" an die Mosel kommen, Weinberge kaufen und Weingüter gründen. Zurzeit lernen an der Mosel 90 junge Menschen den Beruf des Winzers und 32 den des Weinküfers. Das sind doppelt so viele wie Mitte der 90er-Jahre.

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