"Angriff auf die bäuerliche Landwirtschaft"

Trier · Die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin fordert eine Stärkung der artgerechten Tierhaltung in der Landwirtschaft. Massentierhaltung sei nicht notwendig, sagt Ulrike Höfken im TV-Interview.

Trier. Über die Folgen der Massentierhaltung sprach unser Redakteur Bernd Wientjes mit der rheinland-pfälzischen Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken (Grüne). Antibiotika und Keime im Hühnerfleisch - sind Sie überrascht? Höfken: Nein. Das sind Folgen der industriellen Massentierhaltung. Gerade in der Geflügelhaltung gibt es viele Schadstoffe in der Stallluft. Daher ist ein erhöhter Bedarf an Medikamenten bei einer solchen Haltung nicht verwunderlich. Antibiotika sind aber nur ein Beispiel für die negativen Auswirkungen der Massentierhaltung. Geht es aber in Deutschland ohne Massentierhaltung? Höfken: Angesicht dessen, dass wir in Deutschland unglaublich viele Lebensmittel verschwenden, könnten auch Tiere in kleineren Einheiten gehalten werden. Es gibt ja bei vielen Verbrauchern einen Bewusstseinswandel. Sie wollen durch Ernährung nicht krank werden. Was kann die Politik konkret dafür tun? Höfken: Die artgerechte Tierhaltung muss gefördert und die Herkunft der Lebensmittel muss transparenter werden. Bei den Eiern können die Verbraucher mittlerweile nachvollziehen, aus welcher Haltung sie stammen. Das muss aber auf für alle Eier-Produkte gelten, etwa Kekse oder Nudeln. Dann greifen die Verbraucher auch zu den tiergerecht erzeugten Produkten.Tiergerecht heißt aber nicht ausschließlich Bio? Höfken: Nein. Aber wer zu Bio greift, kann sicher sein, dass sie artgerecht hergestellt worden sind. Aber auch immer mehr Produzenten von konventionellen Lebensmitteln legen Wert auf die Verwendung von tiergerechten Produkten. Was erwarten Sie von der Bundeslandwirtschaftsministerin? Höfken: Ankündigungen helfen nichts. Vom Tierschutzgesetz ist ganz vieles noch nicht umgesetzt. Obwohl Antibiotika als Masthilfe verboten sind, geschieht dies noch immer. Die Leitlinien für die Gabe von Antibiotika bei Tieren muss verbindlich werden für die Tierärzte. Außerdem brauchen wir ein Antibiotika-Reduktionsprogramm und eine zentrale Datenbank, in der nachvollziehbar ist, wann und wo Antibiotika gegeben worden ist. Brauchen wir ein generelles Verbot von Antibiotika in der Tiermast? Höfken: Nein. Tiere, die krank sind, müssen behandelt werden. Ärgert Sie, dass mal wieder die gesamte Landwirtschaft in Verruf geraten ist? Höfken: Es ist ein Angriff auf die bäuerliche Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz durch die Massentierhaltungsanlagen. Aber der allergrößte Teil der landwirtschaftlichen Produkte ist sicher, bis auf Geflügel, das nicht aus artgerechter Haltung kommt. Sind die Bauern und Winzer in derRegion unter diesen Gesichtspunkten überhaupt noch wettbewerbsfähig? Höfken: Was die Qualität angeht auf jeden Fall. Aber die Regionalität von Lebensmitteln muss gestärkt werden. Wir brauchen Standards und eine Förderung regionaler Erzeugung, um die Verbraucher verstärkt von den heimischen Produkten zu überzeugen. wieExtra

Ulrike Höfken, geboren am 14. Mai 1955 in Düsseldorf, ist seit Mai vergangenen Jahres rheinland-pfälzische Umwelt- und Landwirtschaftsministerin. Zuvor war die Grünen-Politikerin von 1994 bis 2011 Bundestagsabgeordnete und dort langjährige Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Die ausgebildete Diplom-Agraringenieurin war bis zur ihrer Wahl in den Bundestag Landwirtin. Höfken lebt in Ingendorf (Eifelkreis Bitburg-Prüm). wie

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