Bauer sucht Nachfolger

Trier · Landwirtschaftsfunktionäre und Jungbauern wollen nicht an der umstrittenen Hofabgabeklausel rütteln. Die Regelung aus dem Jahr 1957 sorge für einen Generationenwechsel in der Landwirtschaft, sagen sie.

Trier. Josef Schmitt (Name geändert) hat im wahrsten Sinne des Wortes bis zu seinem Tode geackert. Der Landwirt aus dem Kreis Trier-Saarburg betrieb bis zum 87. Lebensjahr seinen eigenen Hof, ein halbes Jahr vor seinem Tod verpachtet er seinen Betrieb und die Flächen an seinen 63-jährigen Sohn. Der stand plötzlich vor dem Problem, einen Nachfolger zu finden. Denn ohne diesen hätte er, obwohl er sein ganzes Leben auf dem Hof gearbeitet hat, keine Altersrente erhalten.
Das Beispiel zeigt: Die seit 1957 bestehende Hofabgabeklausel (siehe Extra) stellt auch für manchen Landwirt in der Region ein Problem dar. Es seien aber Einzelfälle, sagt Gerhard Brenner, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Trier-Saarburg. Hauptsächlich die Steillagenwinzer an der Mosel hätten Probleme, Nachfolger zu finden.
Zwischen 400 und 450 Euro Rente pro Monat erhalten hauptberufliche Landwirte, wenn sie mit 65 ihren Hof abgeben. Dafür müssen sie jeden Monat 224 Euro in die landwirtschaftliche Sozialversicherung zahlen. Die verhältnismäßig geringe Rente zeige, dass es sich dabei allenfalls um eine Grundsicherung, ein Taschengeld, handele, sagt Brenner.
Und genau als solches war die Rente bei der Einführung der Hofabgabeklausel 1957 gedacht. Als ein Taschengeld für Landwirte im Rentenalter, die bei ihren Kindern auf dem Hof blieben und dort versorgt wurden. Und genau das bezeichnet die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken als "ein Instrument aus dem letzten Jahrhundert, das heute antiquiert ist". Bereits als Bundestagsabgeordnete der Grünen unterstützte die Eifelerin einen Antrag zur Abschaffung der Klausel. Der Antrag wurde abgelehnt. SPD und Grüne im nordrhein-westfälischen Landtag hatten im Februar erneut einen Anlauf gegen den Nachfolgezwang unternommen und einen entsprechenden Antrag beim Bundesrat gestellt. Sollte er dort eine Mehrheit finden, müsste sich die Bundesregierung damit beschäftigen. Der Bund ist nämlich für die Klausel zuständig. Doch dort scheint es wenig Bereitschaft zu einer Abschaffung zu geben: "Eine gänzliche Abschaffung der Hofabgabeklausel würde die Zukunftschancen junger Landwirte erheblich verschlechtern", sagt der Cochemer CDU-Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium Peter Bleser.
Junglandwirt Arno Billen aus Kaschenbach (Eifelkreis Bitburg-Prüm) sieht das genauso. Es könne ja nicht sein, dass die Alten ewig an ihrem Hof kleben und die Jungen keine Chance hätten, einzusteigen, sagt der 33-Jährige. Er ist bereits vor zwölf Jahren in den Betrieb seines Vaters Michael Billen eingetreten. Ganz so starr wie 1957 sei die Hofabgabeklausel auch nicht mehr, sagt Arno Billen. Es gebe mittlerweile Sonderregelungen für Landwirte, die keinen Nachfolger fänden. Sie erhielten zwei Jahre lang eine Teilrente.
Auch der Dauner FDP-Bundestagsabgeordnete Edmund Geisen, Mitglied im Landwirtschaftsausschuss, plädiert dafür, die Hofabgabeklausel "im Interesse der jungen Generation" beizubehalten. "Sie hilft den Junglandwirten, frühzeitig in Betriebe zu investieren und zu modernisieren. "Die Klausel muss bestehen bleiben", sagt auch Bauernpräsident Leo Blum. In der Region gebe es kaum Bauern ohne Nachfolger, Probleme hätten einige Winzer.Extra

Alterssicherung: Die 1957 eingeführte Hofabgabeklausel sieht bis heute vor, dass ein Landwirt nur dann eine Rente ab 65 Jahren bekommt. wenn er seinen Hof an einen Nachfolger abgibt oder verpachtet. Das gilt nur für Haupterwerbslandwirte. Wer noch einen anderen, versicherungspflichtigen Job hat, erhält seine Rente daraus. Zwischen 400 und 450 Euro beträgt die durchschnittliche Rente eines hauptberuflichen Landwirts. Auch der Ehepartner erhält, wenn Beiträge eingezahlt worden sind, eine Rente in gleicher Höhe. 224 Euro beträgt der Beitrag, der je Person bezahlt werden muss. Je nach Einkommenshöhe zahlt der Bund noch einen Zuschuss bis zu 134 Euro im Monat. Bei der Einführung des Gesetzes zur Alterssicherung der Landwirte wurde diese Rente als Taschengeld betrachtet. Daher weist das Bundeslandwirtschaftsministerium auch darauf hin: "Um einen ausreichenden Lebensunterhalt im Alter sicherzustellen, bedürfen die Renten der Alterssicherung der Landwirte der individuellen Ergänzung." Gemeint sind damit vor allem eine private Altersvorsorge oder Pachteinnahmen aus dem Land. wieExtra

5218 landwirtschaftliche Betriebe, darunter 2010 Winzer, gibt es in der Region. 1971 waren es noch 28 313. 2332 Betriebe werden als Haupterwerb und 2480 als Nebenerwerb geführt. 175 Betriebe betreiben ökologischen Landbau. Die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche umfasst 179 315 Hektar. Das ist rund ein Viertel der landwirtschaftlichen Nutzung in Rheinland-Pfalz. Die von den Winzern betriebene Rebfläche in der Region beträgt 6853 Hektar. Die durchschnittliche Betriebsgröße in der Region liegt bei 34,4 Hektar, 510 Betriebe umfassen mehr als 100 Hektar. Es gibt 2167 Rinderhalter, 267 Schweinehalter und 1286 Milchviehhalter. Die rund 70 000 Milchkühe in der Region produzieren jährlich rund 470 150 100 Kilogramm Milch. Das entspricht 58 Prozent der in Rheinland-Pfalz produzierten Milch. (Quelle: Dienstleistungszentrum ländlicher Raum Eifel)

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