Beck gibt den Büßer und Kämpfer

Mainz · Der Mainzer Landtag hat in einer Sondersitzung über die Folgen der Nürburgring-Pleite debattiert. Ergebnis: Die Regierung räumt Fehler ein und gelobt Besserung. Die Opposition fordert weiter den Rücktritt von Kurt Beck.

 Kurt Beck sieht ein, Fehler gemacht zu haben. Foto: Fredrik von Erichsen

Kurt Beck sieht ein, Fehler gemacht zu haben. Foto: Fredrik von Erichsen

Mainz. Wer auffallen will, der muss sich etwas einfallen lassen. Und so haben sich zwei Stunden vor Beginn der Sondersitzung in Sichtweite des rheinland-pfälzischen Landtags zwei Dutzend Mitglieder der CDU-Jugendorganisation JU gruppiert und skandieren "Beck muss weg". Wer den Grund für den geforderten Rücktritt des Mainzer Ministerpräsidenten wissen will, muss etwas näher an die Gruppe herantreten. Da setzt sich einer aus dem schwarzen Polit-Nachwuchs in ein weißes Kart, zieht eine Beck-Maske über und brettert in eine aus Pappkartons errichtete Wand, die zusammenfällt. Ein Symbol für das nach Ansicht der CDU im Land desaströse Engagement der Landesregierung am Nürburgring.

"Beck, der Bruchpilot", steht sicherheitshalber auf einem der zahllosen Plakate zu lesen. Vier Vertreter der Linken gesellen sich später noch ungefragt hinzu, bauen eine Carrerabahn auf und verteilen, ebenfalls mit aufgesetzten Beck-Masken, Monopoly-Geld unter den Passanten.

Kurze Zeit später tritt im Landtag der Hauptdarsteller hinters Rednerpult. Was der Mainzer Ministerpräsident und SPD-Landesvorsitzende zu den Rücktrittsforderungen an jenem Tag sagen wird, ist nicht schwer zu erahnen: In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung hat der derzeit in Cochem an der Mosel urlaubende Regierungschef schon am Tag zuvor die Marschrichtung aufgezeigt: Fehler zugeben, Verantwortung übernehmen und sagen, dass man gerade aus diesem Grund jetzt nicht zurücktreten könne.

Genau so kommt\'s: "Es wird wohl heute wieder mein Rücktritt gefordert werden", sagt der 63-Jährige, da steht er mal gerade ein paar Minuten hinterm Rednerpult. "Ich sehe dazu keinen Anlass", fährt Kurt Beck fort, "es ist schließlich meine Aufgabe, das Land im Auftrag der Wähler zu führen und Probleme zu lösen."

Während Becks Rede an dieser Stelle zum ersten Mal mit Applaus vor allem der sozialdemokratischen Abgeordneten unterbrochen wird, hagelt es Buhrufe von den Bänken der oppositionellen CDU. Für Fraktionschefin Julia Klöckner und ihre Getreuen ist der seit 18 Jahren amtierende Ministerpräsident kein Problemlöser, sondern ein Problemverursacher; spätestens seit der Pleite der zu 90 Prozent dem Land gehörenden Nürburgring-Gesellschaft.

Deswegen hat die rheinland-pfälzische CDU diese Sondersitzung in der parlamentarischen Sommerpause beantragt, deswegen sollen der Ministerpräsident und mit ihm nach dem Willen der Oppositionschefin am besten auch noch die Minister Roger Lewentz, Hendrik Hering und Carsten Kühl zurücktreten. Ersatzweise könne der Regierungschef auch noch den Weg frei machen für Neuwahlen, schlägt die 39-jährige politische Gegenspielerin Becks vor. "Eigentlich müssten Sie das tun, denn Sie haben die Öffentlichkeit über das wahre Ausmaß des Desasters getäuscht." Die Oppositionsführerin redet 70 Minuten und damit fast doppelt so lang wie vor ihr der Mainzer Ministerpräsident.

Ihre Fraktionskollegen sind hinterher begeistert. "Jetzt sind wir seit über 20 Jahren in der Opposition. Aber so in der Defensive hatten wir die Regierung noch nie", meint ein Pfälzer CDU-Abgeordneter in einer selbst genehmigten Kaffeepause. Sein neben ihm stehender Konzer Parteifreund Bernhard Henter nickt zustimmend.
Derweil springt im Plenum Becks ehemaliger Wirtschaftsminister und jetziger Fraktionschef Hendrik Hering seinem Chef zur Seite. Ja, es habe folgenschwere Fehler gegeben, sagt der auch als Beck-Nachfolger gehandelte Politiker. Aber Kurt Beck sei niemand, der sich aus der Verantwortung stehle.

"Überdimensioniert, überambitioniert und zu teuer", nennt auch Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler den Freizeit- und Erlebnispark am Nürburgring, verspricht aber: "Am Ende wird es den Ring geben, und es wird weiter Rennsport geben."

Und dann versucht der Grüne noch, den Bogen zu spannen zwischen seiner CDU-Kontrahentin und dem draußen demonstrierenden Parteinachwuchs. "Frau Klöckner, Ihre Rede hat ja gereicht für einen JU-Ortsverein. Aber das auch nur nach fünf Pils."

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