CDU-Promi im Zeugenstand?

BITBURG. Die ehemalige rheinland-pfälzische Kultusministerin, Hanna-Renate Laurien (CDU), wird im Prozess gegen einen in Bitburg wegen Missbrauchs angeklagten Kommunalpolitiker möglicherweise als Zeugin aussagen. Das verlautete gestern aus Gerichtskreisen.

Lange nichts gehört von der streitbaren Hanna-Renate Laurien. 76 Jahre alt ist die Christdemokratin mittlerweile, lebt in Berlin, wo sie zuletzt (bis 1995) erste Parlamentspräsidentin des Abgeordnetenhauses nach der Wiedervereinigung war. Vielen Rheinland-Pfälzern ist der Name Hanna-Renate Laurien ein Begriff, seit die ehemalige Oberstudiendirektorin und Staatssekretärin unter Ministerpräsident Bernhard Vogel 1976 das Kultusministerium übernahm. Fünf Jahre später wechselte "Hanna-Granata", wie Laurien wegen ihrer Resolutheit und Spontanität auch genannt wird, als Schulsenatorin in ihre alte Heimat Berlin. Möglicherweise kehrt die Christdemokratin in der kommenden Woche für einen Tag zurück ins Land der Reben und Rüben. Nach Informationen unserer Zeitung erwägt Bitburgs Amtsgerichtsdirektor Werner von Schichau, Laurien als Zeugin vor Gericht zu hören. Hintergrund: ein derzeit laufender Prozess gegen einen 69-jährigen Kommunalpolitiker aus dem Raum Bad Kreuznach ( TV vom 13. Juli). Der Kreis- und Verbandsgemeinde-Beigeordnete Franz Georg Enders wird beschuldigt, vor dreieinhalb Jahren seine damals elfjährige Enkelin sexuell missbraucht zu haben. Der FWG-Politiker bestreitet die Tat, wittert hinter der erst im vergangenen Jahr erstatteten Strafanzeige einen Rache-Feldzug seines in der Eifel wohnenden Noch-Schwiegersohns. Der in Scheidung lebende Mann wiederum bestritt beim Prozessauftakt am Montag, dass es sich bei der Anzeige um eine verspätete Retourkutsche handele. Er habe die Strafanzeige nur deshalb nicht früher gestellt, weil ihm eine Lehrerin geraten habe, seine Tochter "mit dieser Sache" erst mal in Ruhe zu lassen. Zudem habe er den Familienfrieden nicht gefährden wollen. Zum Beweis dafür, dass es sich bei dem Missbrauch nicht um eine Erfindung von ihm und seiner mittlerweile 15-jährigen Tochter handele, berichtete der Eifeler am Montag von einer seit Jahren bestehenden engen Brieffreundschaft mit der ehemaligen rheinland-pfälzischen Kultusministerin. Der habe er schon vor drei Jahren von den angeblichen Übergriffen des Schwiegervaters berichtet, worauf Hanna-Renate Laurien ihm immer geraten habe, Anzeige zu erstatten.Spitzenergebnis trotz Missbrauchs-Vorwürfen

Trifft das zu, widerspräche dies zumindest der These, dass es sich bei der Missbrauchs-Anklage um das Ergebnis eines familiären Rachefeldzugs im Vorfeld der Kommunalwahl handelte. Dabei erzielte der erneut kandidierende Schwiegervater in der Region Bad Kreuznach trotz Bekanntwerdens der Vorwürfe übrigens ein Spitzenergebnis. TV -Informationen zufolge will Bitburgs Amtsgerichtsdirektor Werner von Schichau die prominente Christdemokratin deshalb nun als Zeugin laden. Sollte dies aus Termingründen - die nächste Sitzung ist bereits am kommenden Dienstag - nicht klappen, soll zumindest der Briefwechsel zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden. Angeblich hat Hanna-Renate Laurien schon Bereitschaft signalisiert, zur Aufklärung des verworrenen Falls beizutragen.

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