Den typischen Ladendieb gibt es nicht

Trier · Spiegel, Kameras, Kaufhausdetektive: Die Polizei rät Händlern im Kampf gegen Ladendiebe zur Prävention - ein Ruf, dem man in der Region Trier offenbar vermehrt folgt. Jedenfalls werden immer mehr Täter erwischt und angezeigt.

 Geklaut wird immer, auch wenn viele Geschäftsleute in der Region ihre Sicherheitsvorkehrungen verschärft haben. Foto: TV-Archiv/Gabi Demary

Geklaut wird immer, auch wenn viele Geschäftsleute in der Region ihre Sicherheitsvorkehrungen verschärft haben. Foto: TV-Archiv/Gabi Demary

Nach Farben sortiert funkeln die Strasssteine verführerisch in filigranen Ohrringen und üppigen Colliers. Ihr Glanz scheint sich in den Augen der Frauen zu spiegeln, während sie Ringe überstreifen und prüfen, wie sich dieses oder jenes Geschmeide in ihrem Dekolleté macht.

"Wir können gut aufpassen, mehr nicht", sagt Angela Arsenyan, die in einem Trierer Schmuckgeschäft arbeitet, das öfter mal von Ladendieben heimgesucht wird. "Die meisten sind sehr raffiniert", sagt die Verkäuferin. Sie kommen in Gruppen und beschäftigen das Personal, während andere "Bandenmitglieder" Schmuck einstecken. Erst kürzlich sei eine Mutter mit ihrer Tochter und einer weiteren Verwandten beim Stehlen erwischt worden.

Den klassischen Ladendieb gibt es laut Polizei allerdings nicht. "Der Gelegenheitsdieb stiehlt, weil er dem Reiz nicht widerstehen kann", sagt Kriminalhauptkommissar Wilfried Plohmann vom Beratungszentrum des Polizeipräsidiums Trier. Für andere ist es eine Mutprobe. Wieder andere finanzieren so ihren teuren Lebensstil, Drogen oder ihre Spielsucht. Professionell arbeitende Banden haben es gezielt auf teure Produkte wie Parfüm, Markenkleidung oder Juwelen abgesehen, für die sie Absatzwege haben. Und dann sind da noch die Kleptomanen.

Anders als bei Gewalttaten, die überwiegend von Männern begangen werden, herrscht beim Klauen laut Plohmann "Gleichberechtigung". Männer, Frauen, Alte, Junge, Leute aus allen Bevölkerungsschichten stehlen gleichermaßen. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Diebe genug Geld hätten, um die Ware zu kaufen.

Doch ganz egal, aus welchem Grund jemand Waren mitgehen lässt: Wer dabei erwischt wird, sollte laut Plohmann konsequent angezeigt werden und Hausverbot erhalten. Sei es, um jugendliche Ersttäter abzuschrecken, sei es, um Wiederholungstäter angemessen bestrafen zu können.

Aber, was macht man, wenn man jemanden erwischt? "Kein falsches Heldentum", sagt der Polizist. Wenn es so aussieht, als könnte der in die Enge getriebene Dieb gewalttätig werden, solle man sich lieber eine genaue Personenbeschreibung einprägen, schauen, wo die Person hinläuft und den Notruf wählen.

Unternehmen rät die Polizei zur Prävention: Schon die klassischen Spiegel können laut Plohmann helfen, ebenso wie verdeckte und sichtbare Kameras, Sicherheitsschleusen oder Kaufhausdetektive.

Falls Technik genutzt werde, dann müsse diese aber auch einwandfrei funktionieren. Wenn es am Ausgang ständig piepst und keiner mehr hinschaut, bringt das nichts.

Das alles ist mit Investitionen verbunden, zu denen viele Geschäftsleute offenbar bereit waren. "Die Händler haben aufgerüstet", sagt Georg Kern, Präsident des Einzelhandelsverbandes Region Trier. Es werde auch mehr kontrolliert. So erklärt Kern es sich auch, dass die Zahl der in der Region angezeigten Ladendiebstähle im Vergleich zum Vorjahr stark gestiegen ist: In den ersten drei Quartalen des Jahres 2015 waren es im Bereich des Präsidiums bereits 1487 - das sind rund 20 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum (1248).

Dennoch dürfte es sich dabei nur um einen Prozentsatz der tatsächlichen Ladendiebstähle handeln - denn Schätzungen zufolge kommen auf jeden erwischten Dieb zehn, die ungestraft bleiben.

Wie hoch der wahre Verlust ist, zeigt sich meist zum Jahreswechsel. "Wir zittern jetzt. Wir haben bald Inventur", sagt die Frau vom Schmuckgeschäft. Hochrechnungen zeigen, dass Händler im Schnitt ein Prozent ihres Umsatzes an Diebe verlieren. Wie Leute "mit geklauten Stücken glücklich sein können", versteht die Verkäuferin nicht.

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