Der Bischof als Richter

TRIER. Im Fall des Saarbrücker Priesters Gotthold Hasenhüttl wird der Trierer Bischof Reinhard Marx heute wohl dessen Suspendierung aussprechen. Aus der Welt sein dürfte der Fall damit dennoch nicht.

Nachdem sich die Interview-Anfragen beim Bistum Trier in Sachen Gotthold Hasenhüttl gehäuft haben, hat das Generalvikariat für heute die Presse geladen. Um 11 Uhr wird Bischof Reinhard Marx höchstpersönlich verkünden, was er mit dem Saarbrücker Theologen zu tun gedenkt. Der hatte am Rande des ersten Ökumenischen Kirchentages am 29. Mai in der Berliner Gethesmanekirche eine Messe zelebriert, bei der die Kommunion auch an evangelische Christen verteilt wurde. Für Hasenhüttl war das nichts anderes als der Auftrag Jesu, für die offizielle Kirche dagegen ein Verstoß gegen Kirchenrecht, der wohl mit der Suspendierung geahndet werden wird. Was genau Bischof Marx dem Priester ankreidet, hat er bereits in der vergeblichen Aufforderung zur Reue an Hasenhüttl beschrieben:Interkommunion: Das Bistum geht von einem Verstoß gegen den Canon 844 des Kirchenrechtes aus, der die Interkommunion verbietet. Demnach dürfen katholische Spender Sakramente nur an Katholiken austeilen. Ausnahmen sind zwar vorgesehen, greifen in diesem Fall laut Bistum aber nicht, weil die offene Kommunion vorher angekündigt gewesen sei. Marx spricht von einer "verbotenen Gottesdienstgemeinschaft".Ehrfurcht und Gehorsam: Marx kreidet Hasenhüttl eine "bewusste Missachtung der Anweisungen des Heiligen Vaters und der Bischöfe" an. Nach Canon 273 seien aber gerade Kleriker in besonderer Weise zu Ehrfrucht und Gehorsam gegenüber dem Papst und ihrem Bischof verpflichtet.Öffentliches Ärgernis: Laut Kirchenrecht (Canon 933) darf ein Priester nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Ortsordinarius eine Eucharistie in einem Gotteshaus einer kirchlichen Gemeinschaft feiern, die nicht die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche hat. Ein "Ärgernis" muss dabei zudem ausgeschlossen sein. Bischof Marx stuft den Gottesdienst als "öffentliches Ärgernis" ein, für den es zudem keine Erlaubnis des Berliner Bischofs gegeben habe.Beim Hochgebet den Papst vergessen

Hochgebet: Weiterer Vorwurf der Kirche ist, dass sich Hasenhüttl nicht nach Canon 846 an die liturgische Ordnung gehalten habe. Der Priester hatte beim Hochgebet ausgerechnet den Papst nicht - wie vorgeschrieben - mit eingeschlossen.Sollte Marx den Saarbrücker Priester suspendieren, kann der auch beim Kirchenrecht - bei dem der Bischof Kläger und Richter zugleich ist - einen Instanzenweg einschlagen und den Fall zunächst dem Metropolit, dem Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, zur Entscheidung vorlegen. Nächste Instanz und zugleich letzte vor dem Papst selbst wäre die "Römische Rota", eine Kongregation beim Vatikan und so etwas wie ein Berufungsgericht. Große Chancen räumen Kirchenkenner Hasenhüttl nicht ein. Gleichwohl geht kaum jemand, der ihn kennt, davon aus, dass er sich mit einer Suspendierung einfach abfinden wird. Und sei es nur, um das Thema Ökumene im Gespräch zu halten.

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