Der Duft von Wasserbüffelwurst und Wirsingpizza

Berlin · Ein neuer Landesstand, karpatischer Bär und tausend Gerüche: Der TV hat sich mit der rheinland-pfälzischen Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken (Grüne) auf einen Rundgang über die einst als "Fressmesse" verschrieene Grüne Woche in Berlin begeben. Zu probieren gibt es dort immer noch reichlich.

 Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken probiert Wein am rheinland-pfälzischen Stand. TV-Foto: Katharina Hammermann

Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken probiert Wein am rheinland-pfälzischen Stand. TV-Foto: Katharina Hammermann

Berlin. Das Gewirr Tausender Stimmen vermischt sich in der dicht gedrängten Menschenmenge mit der Rockmusik, die aus Niedersachsen herüberdringt, dem Duft rheinland-pfälzischen Spießbratens, thüringischer Zwiebeln, hessischer Räucherwurst und mit all den anderen Eindrücken, die die "Grüne Woche" in Berlin zu einem Rausch für die Sinne machen.
Bis die weltweit größte Verbraucherschau für Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau am 29. Januar endet, werden wohl 400 000 Menschen da gewesen sein, um sich bei den 1624 Ausstellern aus 59 Ländern zu informieren, durchzufuttern und so manch gutes Schlückchen zu probieren. Ein guter Teil dieser Schlückchen stammt aus dem Weinland Rheinland-Pfalz, das sich dieses Jahr erstmals mit Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen einen Stand teilt. 200 000 Euro hat das Land nach reiflicher Überlegung dafür bezahlt. Zum ersten Mal aus eigener Kasse, da die bisherige Finanzierung über eine Zwangsabgabe der Bauern gekippt wurde.
Mit dem, was aus dem Geld gemacht wurde, ist Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken sehr zufrieden. Auch die Eifeler Landtagsabgeordnete Monika Fink (SPD) findet den Stand schön, aber nicht mehr so familiär: In einem riesigen modern gestalteten Rondell präsentieren die vier Länder ihre Leckereien, während in der Mitte das gemeinsame Spezialitäten-Restaurant steht. Auf dessen Dachterrasse sitzt der Landtagsabgeordnete Michael Billen (CDU). Ihm gefällt es gut in Berlin. Anders als so mancher Winzer hat er auch nix dagegen, dass im Restaurant nur Biowein ausgeschenkt wird. Anders als den anwesenden Weinköniginnen ist ihm die rheinland-pfälzische Wein-Lounge (die nur einen Biowein auf der Karte hat) allerdings viel zu klein. "Das ist ja eine Hundehütte", sagt er und nimmt noch einen Schluck Thüringer Bier, denn Bitburger - von dem 300 Liter am Tag weggehen - gibt es nur unten am Landesstand.
Von dort aus bahnt sich Höfken den Weg durchs Gedränge. Erstmals als Ministerin. Erstmals gefolgt von einem Tross aus Journalisten, Mitarbeitern sowie Wein- und Milchköniginnen.
Früher hat sie die "Fressmesse" boykottiert und stattdessen bei der Gegenbewegung "Giftgrüne Woche" mitgemacht. Doch die Zeiten haben sich geändert. Längst ist die Verbraucherschau mit ihren 300 Tagungen und Seminaren auch zu einem Forum für gesellschaftliche und politische Diskussionen geworden. Und auch die Biobranche, die Höfken ebenso wie Regionalprodukte gezielt fördern will, hat hier ihren Platz gefunden. Einen Anbieter aus der Region Trier sucht man in der Biohalle allerdings vergeblich. Die wenigen, die den Weg in die Hauptstadt gefunden haben, stehen im Reich der Weine und Schnäpse. Und sie sind zufrieden. Der Trierer Winzer Peter Terges ebenso wie die Hersteller des Eifel-Premium-Brands, die großzügig ihre "Nelches Birne" ausschenken. Nach unzähligen Bildern mit einer lächelnden Ministerin und strahlenden Ausstellern geht es weiter. Vorbei an Wasserbüffelwurst, Wirsingpizza und riesigen Rädern würzigen Bergkäses.
Nicht in die Halle des Partnerlands Rumänien, wo man sogar karpatischen Bär auf Pilzsoße bekäme. Nicht in die Blumenhalle, zu den Haushaltsgeräten oder dem Großaquarium. Sondern in die Tierhalle. Statt nach Röstfleisch riecht es dort plötzlich warm nach Kuh und Schaf. Und sehr bald auch nach Ziegen, bei denen Höfken, die selbst Ziegenzüchterin ist, einen Halt einlegt. Ungerührt mümmeln die Tiere auf einem Kletterturm Heu, während der Züchter "Uli" und ihrem Gefolge neben Informationen Ziegensalami serviert. Umflossen von Besuchermassen, die den Stresstest für die Sinne - stets nach Leckereien Ausschau haltend - zu genießen scheinen.Extra

Landesagrarministerin Ulrike Höfken (Grüne) will die Umstellung konventioneller Bauernhöfe auf Öko-Wirtschaft allein 2012 mit insgesamt 7,7 Millionen Euro fördern. Der Präsident des Bauernverbands Rheinland-Nassau, Leo Blum, fürchtet, dass dies auf Kosten der konventionell wirtschaftenden Betriebe gehen könnte. "Bio ist eine begrenzte Nische", sagt Blum. Er glaube nicht, dass mehr als fünf oder acht Prozent Marktanteil möglich seien. "Kein Produkt ist besser, nur weil es Bio ist", sagt er und gibt zu bedenken, dass die Förderung dieser teureren Lebensmittel hauptsächlich Besserverdienern zugutekomme. Mangelnde Nachfrage und hoher Aufwand seien Gründe dafür, dass sich vergleichsweise wenige rheinland-pfälzische Bauern für Öko entschieden haben. Auch auf der Grünen Woche gab es kritische Stimmen zu Höfkens Öko-Ansatz: Winzer nahmen Anstoß daran, dass im Restaurant am Rheinland-Pfalz-Stand ausschließlich Bioweine ausgeschenkt wurden. kah

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