Der lange Weg eines neuen Zuges auf die Schiene

Trier · Auch wenn ein neuer Zug fertig gebaut ist, darf er erst dann auf die Schiene gesetzt werden, wenn er offiziell zugelassen ist. Und das kann mitunter dauern, wie sich derzeit auf der Eifelstrecke zwischen Trier und Köln zeigt.

Trier. "Gruppenkuscheln". Dieser Begriff hat sich während der Stoßzeiten im morgendlichen Berufs- und Schülerverkehr in den Zügen auf der Eifelstrecke eingebürgert. Bahnkunden berichten, dass es oft kuschelig eng ist in den veralteten Zügen. Weil die derzeit dort verkehrenden Triebwagen vom Typ Talent 644 öfter mal ausfallen und die Bahn nicht genügend Ersatzfahrzeuge hat, müssen sich die Bahnfahrer vor allem Richtung Köln häufig in zwei statt drei oder vier Wagen quetschen. Auch haben die seit 1996 vom Hersteller Bombardier gebauten und mittlerweile in die Jahre gekommenen Züge öfter mal Verspätung auf der 163 Kilometer langen Verbindung von Trier nach Köln durch die Eifel. Daher trauert wohl kaum ein Bahnkunde den alten Talent-Zügen nach.Warten auf bequeme Züge


Doch auf den für Dezember versprochenen neuen, bequemeren Zug vom Typ Coradia Lint von Alstom müssen sie noch länger warten. Obwohl 52 der insgesamt 56 von der Bahn bei Alstom bestellten Züge, die deutlich mehr Platz bieten, gebaut sind, bleiben die Dieseltriebwagen vorerst im Depot. Als Grund dafür nennt Alstom Unklarheiten im Zulassungsverfahren, etwa beim Nachweis der Festigkeit des Radsatzes. Erst im Juni habe das Eisenbahnbundesamt (EBA) in Bonn diesbezüglich neue Regeln vorgelegt. Daher habe es Verzögerungen bei der Zulassung der modernen Regionalzüge gegeben. "Inzwischen liegen die erforderlichen Unterlagen zur Prüfung bei der Zulassungsbehörde vor", sagt Martin Lange, Vorstand Transport bei Alstom.Nachweise fehlen


Die Anforderungen an die Nachweise seien "in sehr konstruktiven Gesprächen klar vereinbart worden", sagt Moritz Huckebrink, Sprecher des EBA. Derzeit stünden für die Zulassung des Coradia Lint noch "einige technische Nachweise" aus. Alstom habe im Frühjahr 2011 die Zulassung der neuen Züge beim EBA beantragt, bestätigt der Behördensprecher. Die Dauer des Zulassungsverfahrens hänge nur zum Teil vom Eisenbahnbundesamt ab. Vielmehr hänge es davon ab, ob ein Zug eine Weiterentwicklung oder eine komplette Neuentwicklung ist. Bei neuen Fahrzeugen ist der Prüfaufwand größer.Tests und Prüfungen


Die Dauer des Verfahrens hänge auch davon ab, wie die Qualität der vom Hersteller eingereichten Unterlagen sei, heißt es. "Er muss nachweisen, dass seine Fahrzeuge sicher sind", sagt der EBA-Sprecher. Die Hersteller müssten ihre Produkte bis zur Zulassungsreife entwickeln und diese mit Tests und Prüfungen belegen. Das EBA treffe seine Zulassungsentscheidung auf der Grundlage der vorgelegten Dokumentation.
Das Gesetz sieht vor, so die Bonner Behörde, dass eine Zulassungsentscheidung spätestens innerhalb von vier Monaten nach Vorlage "aller entscheidungserheblichen Unterlagen" ergehen muss. "Damit Fahrzeuge termingerecht bereitstehen, müssen Hersteller und ihre Kunden also einen ausreichenden zeitlichen Vorlauf für die Entwicklung, Zulassung und Auslieferung einplanen", sagt Huckebrink und gibt damit den Ball zurück an Alstom.Beschwerden über Änderungen


Fakt ist allerdings auch, dass sich immer wieder Hersteller von Zügen und deren Kunden - wie etwa die Bahn oder Verkehrsverbünde - über langwierige, komplexere und vor allem während des laufenden Prozesses sich ändernde Zulassungsverfahren beschweren.
Die Bahn-Tochter DB Regio hat vor zwei Jahren den Zuschlag für das sogenannte Kölner Dieselnetz erhalten. Im Januar 2012 unterzeichneten die Bahn und Alstom den Vertrag über die Bestellung 56 neuer Züge im Wert von rund 325 Millionen Euro.Probleme bei Talent-Zügen


Auch bei der Zulassung des neuen Talent, dem Nachfolger des derzeit auf der Eifelstrecke fahrenden Zuges, hat es enorme Probleme gegeben. Immer wieder mahnte das Eisenbahnbundesamt vom Hersteller Bombardier neue Unterlagen an, bevor der Zug zugelassen werden konnte.
Mit über drei Jahren Verspätung kam der Talent 2 auf die Schiene etwa auf der Moselstrecke zwischen dem saarländischen Perl über Trier nach Koblenz.Extra

Die Regionalzüge vom Typ Coradia Lint vom Hersteller Alstom bieten mehr Sitzplätze - je nach Zugbildung haben sie 180 bis 480 Plätze - als die bisher auf der Eifelstrecke fahrenden Züge. Sie haben mehr Platz für Rollstühle, Fahrräder und Kinderwagen, sind klimatisiert, haben Steckdosen für den Laptopanschluss und sind Video überwacht. Die Bahn-Tochter DB Regio Rheinland hat den Zuschlag für den Betrieb des sogenannten Kölner Dieselnetzes, das neben der Eifelstrecke unter anderem auch die Strecken zwischen Bonn und Bad Münstereifel und zwischen Bonn und Ahrbrück umfasst, für die nächsten 20 Jahre erhalten. Um die Eifelstrecke fit zu machen für die schnelleren Züge, hat die Bahn auf 100 Kilometern unter anderem Gleise und Unterbau erneuert, damit die Züge stellenweise mit bis zu 100 Stundenkilometer fahren können. wie

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