Interview Drohen Diesel-Fahrverbote in Rheinland-Pfalz? - Ein Interview mit dem Verkehrsminister

Der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Volker Wissing will Autohersteller in die Pflicht nehmen.

 Volker Wissing (FDP)

Volker Wissing (FDP)

Foto: dpa/Andreas Arnold

Der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) gibt der Bundesregierung die Schuld dafür, dass möglicherweise auch hierzulande Dieselfahrverbote drohen. Der Bund hätte schon vor über fünf Jahren schärfere Messverfahren für Dieselfahrzeuge durchsetzen müssen, sagte der Minister im Interview mit unserem Redakteur Bernd Wientjes. Das Bundesverwaltungsgericht verhandelte gestern über Diesel-Fahrverbote für bessere Luft in Städten. Eine Entscheidung soll erst kommende Woche fallen.

Herr Wissing, was würde es für Rheinland-Pfalz bedeuten, wenn Dieselfahrverbote zulässig wären? Wie können drohende Fahrverbote in Mainz, Ludwigshafen und Koblenz verhindert werden?

VOLKER WISSING Wir wollen Fahrverbote in Rheinland-Pfalz vermeiden. Die Landesregierung hat mit dem Aktionsprogramm „Saubere Mobilität“ schnell reagiert. Wir unterstützen in den drei Städten kurzfristig wirkende Projekte, die geeignet sind, die Luftqualität schnell zu verbessern. Da in unseren Städten die Grenzwerte nur in geringem Umfang überschritten werden – mit Düsseldorf und Stuttgart ist das nicht zu vergleichen – und wir bereits jetzt eine positive Tendenz sehen, gehen wir  davon aus, dass unsere Städte die Grenzwerte alsbald einhalten. So lag in Mainz der Jahresmittelwert von Stickstoffdioxid an verkehrsnahen Messstellen 2017 bei maximal 48 Mikrogramm pro Kubikmeter statt der erlaubten 40 Mikrogramm.

Halten Sie Dieselfahrzeuge für die einzigen Verursacher der hohen Schadstoffbelastungen in den Städten?

WISSING Diesel sind nicht die einzigen Verursacher, der Verkehr ist jedoch der Hauptemittent, gefolgt  von Stickstoffoxiden aus Kraftwerken und Industrieprozessen. NO2-Emissionen  entstehen hauptsächlich bei Verbrennungsprozessen in Anlagen und Motoren.

Ist die Bundesregierung schuld an der Misere?

WISSING Die Bundesregierung hätte früher ihrer Verantwortung gerecht werden müssen. Behörden wie das Kraftfahrt-Bundesamt und das Umweltbundesamt hätten sofort einschreiten müssen, als im Jahr 2011 die Emissionswerte von Euro-5-Autos bekannt wurden. Die Bundesregierung hätte schon vor über fünf Jahren schärfere Messverfahren durchsetzen und damit verhindern können, dass sich die Situation weiter zuspitzt. Den Ländern und Kommunen kann man hingegen keinen Vorwurf machen.

Welche Verantwortung trägt die Autoindustrie an der aktuellen Lage? Wie kann/muss betroffenen Dieselfahrern geholfen werden?

WISSING Kommunen und auch die Verbraucherinnen und Verbraucher dürfen bei der Luftreinhaltung nicht alleingelassen werden. Bei der Nachrüstung der Diesel-Fahrzeuge müssen auch die Autohersteller in die Pflicht genommen werden und die Nachrüstung übernehmen und gewährleisten.

Im Haushalt des Landes sind 120 Millionen Euro für Straßenbau eingestellt. Warum wird nicht im gleichen Maße in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs investiert?

WISSING Rheinland-Pfalz hat im letzten Jahr rund 443 Millionen Euro für den öffentlichen Personennahverkehr ausgegeben. Im Landeshaushalt für 2018 sind hierfür rund 492 Millionen Euro eingeplant. Mit diesen Mitteln werden die Verkehrsangebote, aber auch Investitionen in die Infrastruktur finanziert. Mit dem Projekt „Rheinland-Pfalz-Takt 2015“ haben wir die Zug-Angebote für die Kunden in den letzten Jahren deutlich verbessert. Gerade weiten wir das Konzept auf Busse aus. Schon jetzt haben wir ein nahezu flächendeckendes, attraktives Angebot für den Bürger, das wir in den nächsten Jahren weiter verbessern wollen und damit den ÖPNV wieder zu einer echten Alternative machen werden.

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