Rheinland-Pfalz Der TV analysiert die ersten 100 Tage von Christian Baldauf als CDU-Fraktionschef

Mainz · Kritiker sagen, der Pfälzer müsse inhaltlich mehr Akzente setzen. Befürworter beschwören seinen Stil auch in Abgrenzung zu seiner Vorgängerin Julia Klöckner. Was heißt das für Baldaufs Chancen, 2021 CDU-Spitzenkandidat im Land zu sein?

 Blickt auf seine ersten 100 Tage als Chef der rheinland-pfälzischen Landtagsfraktion zurück: Christian Baldauf.

Blickt auf seine ersten 100 Tage als Chef der rheinland-pfälzischen Landtagsfraktion zurück: Christian Baldauf.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Christian Baldauf ist als Fußballfan bekannt, der bei Heimspielen des 1. FC Kaiserslautern gerne auf dem Betzenberg steht. Der 50-Jährige trat früher als Kicker in Amateurklassen aber auch selber gegen den Ball. Als Spielmacher. Die Fäden zieht der Pfälzer an diesem Wochenende seit 100 Tagen auch als Fraktionschef der rheinland-pfälzischen CDU, seit er die als Agrarministerin nach Berlin abgewanderte Julia Klöckner ersetzt hat. Konnte Baldauf zum Start schon landespolitische Akzente setzen?

Politikforscher Ulrich Sarcinelli zeigt sich kritisch. „In der öffentlichen Wahrnehmung fällt Christian Baldauf bislang wenig auf. Er wird sich noch stärker als politische Führungsfigur profilieren müssen“, sagt der Professor aus Landau. Die Konkurrenz wettert ohnehin, so wie SPD-Landesgeneralsekretär Daniel Stich: „So einen inhaltsleeren Führungsstil habe ich in der CDU-Opposition lange nicht erlebt.“

Sätze, die Baldauf von einem politischen Rivalen hinnehmen muss wie ein Spielmacher die Tritte gegen das Schienbein. Die CDU widerspricht der Kritik. Sie sieht sich nach 100 Tagen durchaus darin bestärkt, auf einem guten Weg zu sein. Baldauf fiel in den ersten Monaten besonders mit der Forderung auf, sogenannte Ankerzentren für Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz zu schaffen, um dort Asylverfahren zu straffen. Damit schärfte er sein Bild als Konservativer.

Sein größter Gegner war bislang kein Sozialdemokrat, sondern FDP-Wirtschaftsminister Volker Wissing, den er im Parlament für zu hohe Pendlerströme und zu wenige Fachkräfte anging. Medien bewerteten die ersten Baldauf-Reden kritisch, oft wollte er zu viel. Die Kritik nahm er locker hin, ohne im Umgang beleidigt zu wirken, staunte mancher landespolitischer Beobachter. Das sei bei seiner Vorgängerin Julia Klöckner auch mal anders gewesen, die wiederum mit ihrem Redetalent oft glänzen konnte.

Auch bei Baldauf ging es zuletzt aber aufwärts. In dieser Woche legte er seinen besten Auftritt im Parlament hin, als es um Folgen aus Unwetterschäden wie in der Eifel ging. Der CDU-Mann redete strukturiert, forderte einen dauerhaften Hochwasserfonds im Land und setzte damit einen politischen Punkt.

Geht es um die Kritik, Baldauf müsse mehr Inhalte liefern, verweisen CDU-Kreise zugleich auf das in der Branche übliche Stühle­rücken, das in der Fraktion nach dem Wechsel von Klöckner einsetzte. Vier Kräfte verließen die Fraktion, darunter vertraute Referenten. Es brauchte neue Mitarbeiter, die sich in die politischen Abläufe einarbeiten.

Intern dringt momentan ohnehin keine Kritik gegen Baldauf durch, der im März mit 100 Prozent der Stimmen gewählt wurde. In der CDU rechnen es dem Pfälzer noch viele hoch an, dass er die Fraktion von 2006 bis 2011 schon mal in schweren Zeiten führte, das Chaos einer Spendenaffäre beseitigte und dann für Julia Klöckner freiwillig auf die Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl verzichtete. Nun lobt mancher Abgeordneter die Atmosphäre in der Fraktion. Der Rioler CDU-Landtagsabgeordnete Arnold Schmitt sagt: „Ich schätze den kollegialen Führungsstil von Christian Baldauf mehr als den dominanten Stil von Julia Klöckner. Wir diskutieren in der Fraktion wieder intensiver über Probleme, tauschen uns offener aus, akzeptieren verschiedene Meinungen, niemand wird gleich abgewürgt. Mir macht das Spaß.“

Wird Baldauf aber auch Spitzenkandidat der CDU, wenn es 2021 in die Landtagswahl geht? Momentan, so heißt es aus der Partei immer wieder, liege die Konzentration auf der Kommunalwahl im Mai 2019. Danach dürfte die Diskussion aber losgehen. Klöckner – immer noch CDU-Landeschefin – könnte ein drittes Mal ins Rennen gehen – diesmal aus einem Bundesministerium heraus, was manchem Beobachter aber als unwahrscheinlich erscheint. In der SPD hält manch einer den Landrat aus Trier-Saarburg, Günther Schartz, für den CDU-Favoriten. Als Chef des rheinland-pfälzischen Landkreistags entwickelte sich dieser rasch zu einem respektierten, hartnäckigen Kritiker der Ampelkoalition. An einem CDU-Fraktionschef Baldauf dürfte wiederum auch kein Weg vorbeiführen. Für diesen werde es aber schwer, Profil zu gewinnen, so lange nicht klar sei, wer die CDU 2021 anführe, sagt Ulrich Sarcinelli.

Baldauf selbst schließt eine Kandidatur nicht aus, in den Vordergrund will er sich aber nicht stellen. Ganz untypisch für einen Spielmacher setzt er lieber auf die ganze Mannschaft, wenn er über die Landtagswahl spricht: „Es ist noch nie ein Fußballteam zur WM gefahren, das nicht Weltmeister werden wollte. Wir werden als Team alles daran setzen, dass wir als Sieger aus der Wahl 2021 gehen.“

 Arnold Schmitt Landtagsabgeordneter cdu Mainz

Arnold Schmitt Landtagsabgeordneter cdu Mainz

Foto: kimmling, klaus
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