Die Region verzichtet auf "Starenkästen"

Trier · In der Großregion Trier gibt es keine sogenannten Starenkästen, mit denen Tempoverstöße im Straßenverkehr gemessen werden. Denn das Land setzt auf mobile Kontrollen und die Kommunen fürchten hohe Ausgaben. Dabei gibt es Beispiele dafür, dass die Blitzer nicht nur für mehr Sicherheit sorgen, sondern auch für höhere Einnahmen.

 In der Region Trier wird nur mit mobilen Geräten geblitzt. Hier ein Radarwagen der Polizei.TV-Foto: Sven Eisenkrämer

In der Region Trier wird nur mit mobilen Geräten geblitzt. Hier ein Radarwagen der Polizei.TV-Foto: Sven Eisenkrämer

Trier. Schon von weitem ist das Dröhnen des Motors zu hören. Kurz darauf rast das Auto mit 150 Sachen durch den Ortsteil. "Es ist schlimm, was nach dem Feierabendverkehr hier abgeht", sagt ein Mann aus Aach-Hohensonne (Kreis Trier-Saarburg). Jahrelang hat er immer wieder gefordert, dass an der B 51 vor seiner Haustür ein "Starenkasten" aufgestellt wird (der TV berichtete) - ein Messgerät, das mit seinem hellen Blitz dafür sorgen würde, dass Raser bestraft werden und dort künftig langsamer fahren. Doch der Kasten kam nicht. Zu teuer, habe es geheißen.
Während im benachbarten Nordrhein-Westfalen 931 Blitzer fest installiert sind, gibt es in Rheinland-Pfalz weniger als 30 Stück, in der Region Trier gar nur einen. Er steht am Prümer Stadteingang. Niemand weiß heute mehr so recht, wie er da überhaupt hinkam. Und geblitzt hat er schon seit Jahren nicht mehr.
Wie kommt\'s? Sind die Blitzer im Land politisch nicht gewollt? Äußerungen des ehemaligen Innenministers Karl Peter Bruch in der Zeitschrift Polizeikurier zeigen, dass das Land bei Verkehrsüberwachungen "den Vorwurf einer Abzocke" auf jeden Fall vermeiden will. Und gerade stationäre Blitzer werden von vielen Autofahrern als Abzocke empfunden.
Das Innenministerium des Landes antwortet auf die Frage jedoch ausweichend: "Die Polizei setzt bei der Geschwindigkeitsüberwachung auf einen flexiblen Einsatz unterschiedlicher Messgeräte an Gefahrenstellen." Stationäre Messgeräte erreichten hingegen lediglich eine punktuelle Wirkung vor dem Standort. Ein gängiger Kritikpunkt ist, dass Fahrer direkt nach der Kontrollstelle wieder Gas geben.
Thomas Flöck vom Koblenzer Ordnungsamt hat jedoch nur Positives über "seine" Starenkästen zu berichten. 1999 hat sich die Stadt entschieden, die Verkehrsüberwachung selbst in die Hand zu nehmen, und auf der unfallreichen Europabrücke zwei Radarfallen angebracht. "Die Unfallzahlen sind dadurch erheblich zurückgegangen", sagt Flöck. Anfangs war der 800-Bilder-Film alle fünf Tage voll. Inzwischen dauert es zwei Wochen.
Millionengewinne möglich


Theoretisch könnten alle rheinland-pfälzischen Kreise und Kommunen mit mehr als 25 000 Einwohnern beantragen, den Verkehr selbst zu überwachen und Gefahrenstellen mit Starenkästen zu versehen. In der Region Trier hat man sich jedoch dagegen entschieden. Vor allem wegen der befürchteten Kosten. Dabei zeigen Beispiele aus Nordrhein-Westfalen, dass Kommunen sogar Gewinn machen können: Bielefeld (17 Starenkästen) verbuchte 2011 nach Abzug aller Ausgaben einen Gewinn in Höhe von 4,4 Millionen Euro. Das fleißigste Gerät der Stadt an der A 2 am Bielefelder Berg hatte seinen (recht hohen) Preis von 200 000 Euro schon nach zehn Tagen wieder hereingeblitzt. "Und die Geschwindigkeit ist nachweisbar gesunken", sagt Klaus Streblow vom Ordnungsamt. "Knete reinzukriegen" sei aber nicht Sinn der Sache. Nur ein angenehmer Nebeneffekt. Über den freut sich auch der Kreis Aachen. "Das ist kein Verlustgeschäft", sagt Lara Basten vom Ordnungsamt. Platziert an Landstraßen oder Schulen lösen die elf Kameras im Schnitt 600 Mal monatlich aus (1,8 Millionen Euro im Jahr). Die Anschaffungskosten in Höhe von etwa 130 000 Euro pro Stück seien so schnell wieder drin. Zudem seien sie günstig in der Unterhaltung. Rechnet man den Erlös der mobilen Kontrollen hinzu, bringt die Verkehrsüberwachung dem Kreis Aachen 4,5 Millionen - und 3,3 Millionen sind reiner Gewinn. Denn die Gesamtausgaben (inklusive Personal) liegen bei "nur" 1,2 Millionen Euro pro Jahr.
Basten betont, dass die Zahl der Unfälle stark zurückgegangen sei.
In der Region Trier hingegen dominieren die Bedenken. Dem Mann aus Hohensonne kann das jetzt egal sein. Er verkauft sein Haus. Es wird abgerissen, um die B 51 für 9,8 Millionen Euro ausbauen und so sicherer machen zu können.Extra

Radarkontrollen: Das Polizeipräsidium Trier verfügt zur Geschwindigkeitssüberwachung über vier Radarfahrzeuge und 15 Laserpistolen, die auf die 14 Dienststellen verteilt sind. Damit kontrollieren die Beamten Autofahrer vor allem an Straßen, auf denen es gehäuft zu Unfällen kommt, oder an Schulen und Kindergärten. Die planmäßigen Radarkontrollen werden im Volksfreund angekündigt. Darüber hinaus kann es weitere Kontrollen geben. kahExtra

Laut radarfalle.de ist Baden-Württemberg Spitzenreiter im Aufstellen von Starenkästen. Dort gibt es 984. In Nordrhein-Westfalen stehen 931. Selbst Bremen hat mit 48 dieser Anlagen deutlich mehr als Rheinland-Pfalz (29, laut Land sogar nur 23), das zusammen mit dem Saarland (sieben Starenkästen) am Ende der Tabelle steht. kah

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