Einer der ungewöhnlichsten US-Wahlkämpfe

Cleveland · Jetzt gilt es für Trump: Nach seinem Sieg in den Vorwahlen soll Donald Trump nun offiziell Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden. Inzwischen ist auch klar, wer sein Vize werden soll: der Gouverneur Mike Pence.

Cleveland. Vor vier Jahren, als sich die Republikaner in Tampa zu ihrem Wahlparteitag versammelten, war es nur die bizarre Vorstellung eines gealterten Schauspielers, die im Gedächtnis haften blieb. Clint Eastwood, der "Dirty Harry" der Leinwand, stahl dem damaligen Präsidentschaftsbewerber mit einer Einlage die Schau, die als eine der launigsten in die Chronik der Conventions eingehen dürfte. Er stand auf der Bühne und unterhielt sich minutenlang mit einem leeren Stuhl, auf dem er sich Barack Obama vorstellte. Kaum einer sprach danach noch vom Auftritt des eigentlichen Kandidaten, des späteren Wahlverlierers Mitt Romney.
Eine Schau ganz für Trump


So etwas wird nicht passieren, wenn sich die US-Republikaner vom heutigen Montag an wieder zu einem Nominierungsparteitag treffen, diesmal in der Quicken Loans Arena in Cleveland. Donald Trump, der Milliardär aus New York, ein Selbstdarsteller mit langer Reality-Fernseh-Erfahrung, wird sich von niemandem die Schau stehlen lassen. Schon die Auswahl der Redner lässt den Schluss zu, dass der Rest eher ein Begleitprogramm mit dünner Substanz wird, bei dem es in erster Linie darum geht, Hillary Clinton, der Kontrahentin des Bauunternehmers, am Zeug zu flicken.
Vor 13 Monaten, als der Populist mit der Neigung zu zuspitzenden Zeilen seinen Hut in den Ring warf, schien es noch undenkbar, dass er die Partei kapern würde. Doch genau das ist geschehen, die Show in Cleveland soll es besiegeln. Trump hat politische Gegner, Frauen, Latinos, Kriegsveteranen und Behinderte beleidigt. Er kündigte den Bau einer Mauer zu Mexiko an, den Mexiko nach seinen Vorstellungen bezahlen soll, er erklärte, sämtliche Freihandelsabkommen der USA aufkündigen und neu verhandeln zu wollen, er sprach von einem Einreiseverbot für Muslime, redete der Wiedereinführung der Folter an Terrorverdächtigen das Wort und empfahl Staaten wie Japan oder Südkorea, sich eigene Atomwaffen anzuschaffen, statt sich auf den amerikanischen Schutzschirm zu verlassen.
Jeden konventionellen Kandidaten hätte die Mischung aus vagen Andeutungen und schrillen Anschuldigungen, aus Prahlerei und leeren Worthülsen wohl aus dem Gleis geworfen. Der 70-Jährige aber steht als glänzender Sieger da, anfangs sträflich unterschätzt und nun umso selbstsicherer.
Einen Aufstand der Parteirebellen haben seine Leute offenbar abgewehrt, bevor er richtig beginnen konnte. Ein Komitee, das die Regeln der Konferenz festzurrt, lehnte mit klarer Mehrheit einen Antrag von Gruppen wie "Free the Delegates" ab, nach dem die Delegierten des Parteitags nicht mehr an das Votum der Vorwahlen gebunden sein sollten, nach dem sie also einem Herausforderer Trumps den Zuschlag hätten geben können. Von einem Herausforderer ist jedoch weit und breit nichts zu sehen.
Zwei Tage vor dem Beginn des Parteitages hat Trump nun den Gouverneur von Indiana, Mike Pence, offiziell als Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten vorgestellt. Er bezeichnete ihn auf einer Veranstaltung in New York als seine "erste Wahl", räumte aber zugleich ein, dass bei seiner Entscheidung die Einheit der Partei eine Rolle gespielt habe. Pence (57) ist ein klassischer Republikaner mit stark ausgeprägten sozialkonservativen Positionen. Er spricht damit Gruppen an, die bezweifeln, dass Trump ein "wahrer Konservativer" sei. Um das Gegenteil zu beweisen, sollen auch einige ehemalige Vorwahl-Konkurrenten zum Nominierungsparteitag die Trommel für den Tycoon rühren, etwa der texanische Senator Ted Cruz, von Trump einst als "Lügen-Ted" geschmäht.
Am letzten Tag dreht sich alles um die Familie. Gattin Melania, Tochter Ivanka, die Söhne Donald und Eric, sie alle dürfen Loblieder singen. Dass die "Grand Old Party" auf eine Spaltung oder Sinnkrise zusteuert, zeigt sich indes an der Reihe der potenziellen Parteitagsgäste, die ihre Teilnahme abgesagt haben.
Das Establishment meutert. Weder wollen die zwei noch lebenden republikanischen Ex-Präsidenten, George H. W. Bush und sein Sohn George W. Bush, nach Cleveland reisen, noch die beiden letzten republikanischen Spitzenkandidaten John McCain und Mitt Romney. McCain ließ in lakonischer Kürze wissen, er werde im Grand Canyon wandern. Jeff Flake, ein aufstrebender Senator aus Arizona, sprach vom Rasen, den er zu mähen habe. Die Partei, lehnte sich Flake weit aus dem Fenster, sollte bereit sein, mit Trump zu brechen.

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