Es brodelt, seit Rajoy Macht hat

Barcelona · Was die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien entflammte

Barcelona (dpa) Das Erstarken der Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien speist sich vor allem aus einem Datum: dem 28. Juni 2010. Damals kippte das Oberste Gericht Spaniens auf Betreiben der konservativen Volkspartei (PP) ein neues Autonomiestatut für die Region, das 2006 unter der Regierung des sozialistischen Ministerpräsidenten Zapatero vom Parlament in Madrid und von den Katalanen gebilligt worden war. Knapp zwei Wochen später kam es zu einer Massendemonstration in Barcelona, an der mehr als eine Million Menschen teilnahmen.
Seit Mariano Rajoy und seine PP im Dezember 2011 an die Macht kamen, gab es kaum noch Gespräche der Zentralregierung mit der Region im Nordosten des Landes. Rajoy verfügte im Parlament über eine absolute Mehrheit und musste deshalb nicht mit Zugeständnissen auf Stimmenfang in Katalonien gehen. Er konzentrierte sich darauf, die Wirtschaftskrise seines Landes in den Griff zu bekommen. Da passte der Wunsch nach mehr finanzieller Unabhängigkeit der Katalanen nicht in sein Konzept.
Die Menschen im wirtschaftsstarken Katalonien sind wütend über die Korruptionsskandale der Regierung und wettern, Rajoy und seine Verbündeten verfolgten die gleichen Ziele wie die Franco-Diktatur. Unter Francisco Franco waren die katalanische Sprache und Kultur brutal unterdrückt worden. Viele Bürger des traditionell eher linken und republikanischen Kataloniens, selbst solche, die gegen die Unabhängigkeit sind, lehnen die spanische Monarchie ab.
Viele Bürger auf den Straßen geben an, sie müssten viel zu viel Geld an die "korrupte Regierung" in Madrid abgeben, was die eigene Jugend in die Perspektivlosigkeit geführt habe. Sie glauben, dass ein unabhängiges Katalonien in Europa besser dastünde. Als Carles Puigdemont, Chef der Regionalregierung, im Juni 2017 bekanntgab, am 1. Oktober ein Referendum abzuhalten, sahen viele Katalanen ihre Stunde gekommen. Zwar ist Umfragen zufolge weniger als die Hälfte der Bevölkerung für eine Trennung, aber fast 80 Prozent wünschten sich ein Referendum. Der Widerstand aus Madrid, die Festnahme von Beamten und Politikern, die Entsendung von Polizei, die Sperrung von Wahl-Internetseiten und die Beschlagnahme von Wahlunterlagen haben die Gemüter immer weiter erhitzt.

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