Experten: Elefantenrennen wird es immer geben

Goslar/Mainz/Wissen · Minutenlang liefern sich zwei LKW auf der Autobahn ein langsames Rennen beim Überholen. Der gesamte Autoverkehr hinter ihnen muss ungeduldig warten, bis das sogenannte Elefantenrennen beendet ist. Das soll es nach dem Willen des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung bald nicht mehr geben.

Kommt nun das Ende der Elefantenrennen auf Autobahnen? Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) hat eine europaweite Tempo-Drosselung von LKW auf zum Beispiel 80 Kilometer in der Stunde vorgeschlagen.

Dies wirke sich zudem positiv auf die Transportkosten und den Wagenverschleiß aus, argumentiert der BGL-Vizepräsident Klaus Peter Röskes vor dem morgigen Verkehrsgerichtstag in Goslar (siehe Stichwort). "Nachvollziehbar, aber nicht sehr praxisnah", kommentiert Bernd Janssen, Geschäftsführer des Wissener Logistikunternehmens Brucherseifer im rheinland-pfälzischen Wissen (Kreis Altenkirchen) den Vorschlag.

"Wir sind gegen Elefantenrennen, aber die Lösung ist nicht so einfach", sagt Janssen. Da es keine einheitliche PS-Regelung gebe, erreichten bei einer Steigung auch schwächer motorisierte und vollbeladene LKW häufig keine 80 km/h. "Es wird immer Elefantenrennen geben", sagt er.

Auch das Argument der geringeren Kraftstoffkosten lässt er nicht gelten. "Das ist nicht spritsparend", sagt Janssen. Denn das ständige Fahren an der obersten Geschwindigkeitsgrenze würde durch ein geändertes Einspritzverhalten sogar mehr Kraftstoff kosten als etwa ein kontrolliertes schnelleres Fahren.

"Mit einer Tempo-Drosselung werden sie keine Elefantenrennen verhindern", sagt auch Herbert Fuss vom ADAC Mittelrhein. Er setzt auf "dynamische Überholverbote". So habe sich etwa die Regelung auf der A 61 bewährt. Dort dürfen Lastwagen bei zwei Spuren tagsüber nicht überholen.

Der BGL will den 80-km/h-Vorschlag nur als Idee verstanden wissen. "Die Drosselung können wir nicht verordnen. Welche Geschwindigkeit es am Ende wird, muss verkehrspolitisch definiert werden", sagt Martin Bulheller vom BGL, "wir würden auch 85 km/h akzeptieren." Bis zur Vereinheitlichung könnte es zudem Jahre dauern. "Bei EU-Sachen braucht man einen langen Atem".

Die meisten Fahrer fänden es aber gut, sagt Bulheller. Möglicherweise gebe es aber im Ausland "eine andere Fahrer- und Unternehmermentalität".

Das Problem: Bisher sind etwa in Belgien und Schweden 90 km/h, in Spanien und Großbritannien sogar 96 km/h erlaubt.

Unterstützung bekommt der Verband der Spediteure vom rheinland-pfälzischen Verkehrsministerium. "Eine europäische Vereinheitlichung ist sinnvoll", sagt Hendrik Hering (SPD). "Elefantenrennen stellen Unfallrisiken dar und sind unzulässig."

Das Ministerium setzt vor allem auf individuelle Lösungen, die an die jeweilige Strecke angepasst werden - Beispiel ist auch hier die A 61.

Für Herbert Fuss vom ADAC lassen sich die Elefantenrennen aber kaum gänzlich verhindern. Denn Untersuchungen hätten gezeigt, dass in vielen Fällen psychologische Gründe Ursache für die zähen Überholmanöver sind. "Manchmal wollen die LKW-Fahrer einfach etwas anderes vor sich sehen als stundenlang den selben Lastwagen."

Meinung

Überflüssiger Vorschlag

Der Vorschlag, LKW-Motoren auf maximal Tempo 80 zu drosseln, ist erstaunlich. Gilt nicht ohnehin eine Höchstgeschwindigkeit für LKW auf deutschen Autobahnen von 80? Mit seiner Forderung gesteht der Dachverband der Spediteure also ein, dass sich die wenigsten Brummi-Fahrer an dieses Limit halten. Für die LKW-Lenker, egal ob deutsche oder ausländische, gilt wie für jeden Verkehrsteilnehmer die Straßenverkehrsordnung. Darin steht, dass niemand gefährdet oder behindert werden darf. Und dass Verstöße gegen Tempolimits und Überholverbote bestraft werden. Damit ist alles geregelt. Daher ist der Vorschlag überflüssig. Allerdings müssen die Verbote auch durchgesetzt und die Verstöße geahndet werden. Doch genau daran scheint es zu hapern. Es fehlt keine weitere Regelung sondern Personal bei der Polizei und dem zuständigen Bundesamt für Güterverkehr. b.wientjes@volksfreund.de

Stichwort

Verkehrsgerichtstag: Über die Probleme des zunehmenden LKW-Verkehrs wollen Experten beim 49. Verkehrsgerichtstag in Goslar diskutieren. Rund 1600 Fachleute von Verkehrsclubs, Behörden, Ministerien, Verbänden und Versicherungen werden zu dem dreitägigen Kongress ab Mittwoch erwartet. Auf dem Programm stehen unter anderem Beratungen über die sachgerechte Untersuchung tödlicher Verkehrsunfälle, über Sanktionen für Drogenfahrer und Parksünder sowie über versicherungsrechtliche Fragen. Unter dem Motto "Motor der Wirtschaft oder rollende Bombe" wollen die Experten auch über Möglichkeiten diskutieren, wie die Unfallzahlen gesenkt werden können.

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