Beamte Hier beißt nur einer!

Lörzweiler · Dietmar Muscheid kämpft als DGB-Landeschef um mehr Geld für Beamte – und gegen ein altes Laster.

 Mainzer Größe mit Berner Sennenhund: Dietmar Muscheid.

Mainzer Größe mit Berner Sennenhund: Dietmar Muscheid.

Foto: Florian Schlecht

Dietmar Muscheid ist ein Mann, der seinen eigenen Kopf hat. Ursprünglich wollte der Landeschef des Deutschen Gewerkschaftsbundes das Rauchen aufgeben, da empfängt er den TV-Reporter in seinem Heimatdorf Lörzweiler (Kreis Mainz-Bingen) fröhlich mit einem Zigarillo im Mund. In seiner Wohnung gießt er sich dann Kaffee in eine Janosch-Tasse ein, die einen unverkennbaren Sprung hat. Mit seiner Frau habe er vereinbart, die Tasse nur zu gebrauchen, wenn kein Besuch da sei, sagt er augenzwinkernd. Und trinkt einen tiefen Schluck. Die Menschen im Dorf kennen den 60-Jährigen, auch weil er in der wärmeren Jahreszeit gerne mit einem Unimog durch die Lande düst. Ein Kindheitstraum, Baujahr 1958, den er einst für 4000 Mark gekauft hat, wie er schwärmt.

Die Landesregierung lernt Dietmar Muscheid dagegen in diesem Jahr wieder in einer anderen Rolle kennen, die er eine letzte Amtszeit lang ausführt: als Kämpfer für bessere Löhne. Wie bei den Beamten. Da regt sich der DGB-Landeschef herzhaft darüber auf, dass die rheinland-pfälzische Besoldung im bundesweiten Tabellenkeller liegt. In der Region Trier seien die Menschen doppelt geplagt, weil Wohnkosten durch die Nähe zu Luxemburg hoch seien, es aber kaum eine Möglichkeit zum Wechsel in nahe gelegene Bundesländer gebe. Woanders gebe es Wanderungsbewegungen, bei der Polizei, im Straßenbau. Das Land müsse aufpassen, nicht irgendwann nur noch die Kräfte zu bekommen, die auf dem freien Markt keine Chance mehr hätten – wie in der IT, wo die Polizei Experten brauche, um Internetkriminalität zu bekämpfen. Ingenieure benötige es, um Straßen zu planen. „Doch die verdienen als Einsteiger in der freien Wirtschaft bis zu 10 000 Euro mehr im Jahr als im öffentlichen Dienst“, sagt er.

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Muscheid fordert das Land auf, gegenzusteuern, wenn es um den Doppelhaushalt für die kommenden beiden Jahre geht. Zwar muss wegen der Schuldenbremse spätestens 2020 eine schwarze Null stehen, doch Muscheid mahnt an, dass das Land den Rückstand zu Nachbarländern aufholen müsse, so lange er noch aufzuholen sei. Er schlägt kleine Schritte vor: Steigere das Land die Besoldung um ein Prozent, mache das 45 Millionen Euro aus, rechnet er vor. Das wäre ein erstes Signal an die Beschäftigten, meint er. Auch der Gewerkschaftsmann spricht davon, dass sich immer mehr Beamte ein Zubrot mit Nebenjobs verdienten, weil das Geld oft nicht reiche. „Die Folgen sind extrem: Nebenjobs gehen auf die Gesundheit, ein Familienleben ist nur eingeschränkt möglich.“ In einem vor Wochen verschickten Brief an Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Finanzministerin Doris Ahnen hofft Muscheid auf ein Einlenken der Landesregierung, der er beinahe selbst angehört hätte. Dem Vernehmen nach, so heißt es hinter den Kulissen, habe Malu Dreyer den DGB-Mann einst gefragt, ob er Arbeits- und Gesundheitsminister werden wolle. Muscheid soll nur geantwortet haben: „Willst du wirklich einen rauchenden, übergewichtigen Gesundheitsminister?“ Danach war das Thema offenbar vom Tisch.

Gut vier Jahre will Muscheid nun noch DGB-Vorsitzender in Rheinland-Pfalz bleiben, für faire Löhne und eine existenzsichernde Rente kämpfen, ehe er sich seinem Berner Sennenhund und dem Garten in Lörzweiler widmen will. Und vorher will er bestimmt mit dem Rauchen aufhören. Denn im DGB-Haus gibt es schon Pläne, was nach den Zigarillos kommen soll. „Wir überlegen, zusammenzuwerfen und uns eine Espresso-Maschine zu kaufen.“

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