Hochmoselbrücke ruft Landespolitiker auf den Plan

Mainz · Das größte Brückenbauwerk in Europa, der Hochmoselübergang, sorgt für Zündstoff in der Landespolitik. Während die rot-grünen Koalitionäre offene Fragen in Ruhe klären wollen, läuten bei CDU, FDP und Linken die Alarmglocken.

Mainz. Ist der Bau der rund 160 Meter hohen und 1,7 Kilometer langen Brücke über die Mosel bei Zeltingen-Rachtig im Kreis Bernkastel-Wittlich mit (zu) hohen Risiken behaftet? Das Landesamt für Geologie und Bergbau (LGB) kommt in einer fünfseitigen Vorlage vom August 2013 an seine zuständige Ministerin Eveline Lemke (Grüne) zu der Einschätzung, es gebe "erhebliche bauliche und finanzielle Risiken in der Bauphase, aber auch in der Betriebsphase" (der TV berichtete).
Neu sind technische Bedenken in Bezug auf die sichere Verankerung der Brückenpfeiler im Boden für die Landespolitiker keinesfalls. "Schon 1999 beim ersten Planfeststellungsverfahren und auch 2006 habe ich auf die schwierige Konstellation am rutschgefährdeten Hang hingewiesen", sagt die Verkehrsexpertin der Grünen, Jutta Blatzheim-Roegler. Ihre Kritik sei jedoch "stets irgendwie untergegangen".
Blatzheim-Roegler zeigt sich jetzt "sehr zufrieden", dass das federführende Innenministerium ein Spezialgutachten in Auftrag geben will. Dabei sollen die Auswirkungen von Sickerwasser auf der steileren Eifelseite des Moseltals untersucht werden. Die Grüne sagt auch: "Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube: Das Gutachten hätte längst gemacht werden müssen."
Während CDU, SPD und FDP seit jeher für das Infrastrukturprojekt sind, lehnt die Ökopartei es ab. Im Koalitionsvertrag 2011 haben die Grünen nur zähneknirschend zugestimmt. Damals gab es Streit zwischen ihnen und der SPD. Für neuerliche Reibereien sieht Jutta Blatzheim-Roegler trotz ihrer Kritik an Innenminister Roger Lewentz (SPD) wegen des bislang fehlenden Gutachtens "keinen Grund". Der Koalitionsvertrag gelte, man halte sich daran. "Das Gutachten wird gemacht, das ist doch gut."
CDU-Fraktionsvize Alexander Licht traut dem angeblichen Koalitionsfrieden nicht. "Es scheint, die Sache war im Kabinett nicht zu regeln, so dass die Bedenken des Landesamtes für Geologie in der Presse gelandet sind." Licht mutmaßt, die Grünen hätten so SPD-Minister Lewentz anschieben wollen, das geforderte Gutachten endlich in Auftrag zu geben. Ob man für oder gegen das Bauwerk sei - die Brücke müsse absolut sicher sein, fordert der CDU-Politiker. Licht versichert, die Union habe in den Landtagsausschüssen "immer wieder nach den Bedenken gefragt, und es wurde stets beteuert, alles sei technisch beherrschbar".
Ihm stelle sich die Frage, wie verlässlich die Auskünfte des Innenministeriums gewesen seien. Die technischen Fragen hätten längst geklärt sein müssen. "Es ist bedauerlich und unverantwortlich, dass man so etwas schleifen lässt", zürnt Licht. Innenminister Roger Lewentz sei "offensichtlich überfordert". Die CDU will den Vorgängen nächste Woche Donnerstag im Innenausschuss auf den Grund gehen. FDP-Landeschef Volker Wissing wittert den Versuch der Grünen, sich politisch zu profilieren: "Die vom grünen Wirtschaftsministerium angeschobenen Gutachten dienen vor allem der Positionierung für den nächsten Landtagswahlkampf und sollen den Verrat der Grünen an den Gegnern des Hochmoselübergangs vergessen machen." Wissing spricht von einem "inszenierten Aufstand gegen den Hochmoselübergang".
Die Landesvorsitzende der Linken, die Triererin Katrin Werner, verlangt die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses des Landtags. Wenn weit mehr als 300 Millionen Euro verbaut würden und man nicht einmal wisse, ob der Baugrund geeignet sei, sei ein solches Gremium "das geeignete Mittel, um zu prüfen, ob und wie die Planungen durchgeführt worden sind". Nur ein völlig transparentes Prüfverfahren könne die Zweifel zerstreuen.
Eine "außergewöhnliche Transparenz" gebe es bei diesem großen Projekt schon, sagt dagegen SPD-Fraktionsvize Astrid Schmitt. Die verkehrspolitische Sprecherin verweist auf die Internetseite www.hochmoseluebergang.rlp.de mit etlichen Details auf vielen Seiten. Schmitt mahnt zur Ruhe und Sachlichkeit.
"Die offenen Fragen müssen fachlich geklärt werden, und wenn weitere Bereiche intensiv untersucht werden müssen, wird das gemacht", sagt die Daunerin. Sie begrüße den Berichtsantrag der CDU für den nächsten Innenausschuss, denn so könne man sich informieren.Extra

Der Hochmoselübergang soll nach derzeitigen Schätzungen insgesamt rund 375 Millionen Euro kosten. Kritiker prognostizieren, dass das Projekt letztlich mehr als 400 Millionen Euro verschlingen werde. Allein die Brücke über die Mosel ist mit etwa 130 Millionen Euro veranschlagt. Baulastträger ist der Bund, sprich er bezahlt. Das Land führt über den Landesbetrieb Mobilität (LBM) die Bauarbeiten durch und trägt laut Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen einen Anteil von maximal 20 Millionen Euro.fcg

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