Julia Klöckner gewinnt erstes Oppositionsduell

Mainz · CDU oder AfD: Wer ist wohl die bessere Oppositionsfraktion im neuen Landtag? In der gestrigen Generaldebatte fiel das Ergebnis klar aus: CDU-Chefin Julia Klöckner attackierte filigran und setzte dem Dreyer-Kabinett gehörig zu, während sich AfD-Chef Uwe Junge häufig in Wahlkampfplattitüden verlor.

Eine Zeitlang sieht es so aus, als seien die im Landtag sitzenden Parlamentarier von CDU und AfD auf einer Wellenlänge. Wann immer CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner in ihrer anderthalbstündigen Rede eine kleine Kunstpause einlegt, damit die eigenen Abgeordneten ihrer Chefin artig applaudieren können, klatschen auch die Parlamentsneulinge von der AfD. Später wird deren Fraktionschef Uwe Junge unter dem Gelächter der Ampelfraktionen sagen: "Wir hätten Sie, Frau Klöckner, lieber als Ministerpräsidentin gehabt." Ein Lob, über das sich die Angesprochene kaum gefreut haben dürfte.

Denn was Julia Klöckner von den neu in den Mainzer Landtag eingezogenen Rechtspopulisten hält, macht sie gegen Ende ihrer Rede deutlich. Die Partei heize Ängste und negative Stimmungen an, sagt Klöckner, lehne vieles von dem ab, was Deutschland heute ausmache. Uwe Junge wirft sie vor, mit seinen jüngsten Äußerungen zum Fall Gauland/Boateng das gesellschaftliche Klima zu schädigen. Da ist niemandem der 14 AfD-Abgeordneten mehr zum Klatschen zumute.

Noch ein wenig hitziger wird es, als SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer in Richtung der AfD sagt, man werde keine Grenzüberschreitungen der Rechtspopulisten dulden und "keinen Fußbreit nachgeben bei derartigen Äußerungen". "Sie sind Brandstifter und spielen den Biedermann", entfährt es da AfD-Vizefraktionschef Joachim Paul, der sich dafür eine Ermahnung der stellvertretenden Landtagspräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund (SPD) einhandelt.Attacken auf Wissing

Zurück zu Julia Klöckner: Die CDU-Fraktionschefin, von der man nach der bitteren Wahlschlappe lange Zeit nichts gehört hat, läuft bei ihrem anderthalbstündigen Konter auf die Regierungserklärung Dreyers vom Vortag zur Hochform auf, pickt sich treffsicher die Schwachpunkte im rot-gelb-grünen Koalitionsvertrag heraus und nimmt sie genüsslich auseinander. Das ist bisweilen besonders unangenehm für den stellvertretenden Ministerpräsidenten Volker Wissing (FDP), dessen Partei ja vor der Wahl der erklärte Wunschkoalitionspartner der Union war. Mit seinem Konterfei und der Ankündigung "Er macht den Haushalt" hat Wissing seinerzeit geworben und einen "harten Konsolidierungskurs" in Aussicht gestellt.

Geblieben sei von diesen kühnen Versprechen nichts, bilanziert Klöckner. Auf das Finanzministerium habe die FDP sang- und klanglos verzichtet, stelle in dem weiter SPD-geführten Ministerium nicht einmal einen Staatssekretär. Dafür sei die Zahl der Ministerien sogar noch erhöht worden, und für den Bereich Landwirtschaft seien jetzt sogar zwei Ministerien zuständig. Klöckners Resümee: FDP-Mann Wissing mache nicht den Haushalt, sondern "die Augen zu".

Der Ampelregierung wirft Klöckner vor, mit dem Koalitionsvertrag eine Mogelpackung geschnürt zu haben: 500 "zusätzliche" Polizisten erhöhten wegen der gleichzeitigen Abgänge die Gesamtzahl der Beamten nicht, die beabsichtigten Stelleneinsparungen seien nicht neu, ebenso wenig wie die von Innenminister Roger Lewentz nach seiner USA-Reise verkündeten zusätzlichen Soldaten für die Eifel-Airbase Spangdahlem. "Ampelprosa", schlussfolgert die CDU-Chefin, die der Ministerpräsidentin auch vorwirft, nichts über die Kosten des vorzeitigen Ruhestands der von Malu Dreyer abgelösten ADD-Präsidentin Dagmar Barzen zu verraten. Dabei habe Dreyer doch den Bürgern maximale Transparenz versprochen.

Nadelstiche, die der neuen Regierung wehgetan haben dürften, weil sie saßen.

Die 40-minütige Rede des AfD-Fraktionschefs erinnert dagegen stark an einen von Uwe Junges Auftritten im zurückliegenden Landtagswahlkampf. So wirft der ehemalige Bundeswehroffizier der Landesregierung etwa vor, die Familien zu schwächen und zu bevormunden. "Sie trauen den Eltern nichts zu", so der AfD-Chef in Richtung Regierungsbank, das sei eine "Denke wie von Margot Honecker", der langjährigen DDR-Ministerin für Volksbildung.
Ähnlich martialische Worte wählt Junge auch beim Thema Integration, spricht beispielsweise von einem "massenhaften Import von Analphabeten und Sozialfällen" oder wirft der Landesregierung die "bewusste Abkehr vom eigenen Volk" vor, indem ständig von "bunter Vielfalt" geredet werde.

Man habe den Eindruck, der "ungebildete marokkanische Migrant ist wichtiger als die deutsche Rentnerin, die ihr Leben lang gearbeitet hat". Nationalistische Töne, die bislang im rheinland-pfälzischen Landtag nicht zu hören waren.Extra

Auch wenn sich nach der Regierungserklärung vom Vortag am Donnerstag im Landtag alles auf die beiden Oppositionsfraktionen konzentrierte, gingen auch Redner von SPD, FDP und Grünen in die Bütt. FDP-Fraktionschef Thomas Roth zeigte sich optimistisch, dass die Ampel geräuschlos und zuverlässig funktionieren werde. Seinen CDU-Kollegen gab Roth den Tipp: "So lange die Plätze neben Ihnen noch besetzt sind, haben Sie keinen guten Job gemacht." Neben der CDU sitzen die AfD-Parlamentarier. Zu denen gewandt sagte Roth: "Wer die Vergangenheit zur Zukunft machen will, liegt falsch." Auch Grünen-Fraktionsvorsitzender Bernhard Braun beschäftigte sich mit der AfD: "Sie haben weder eine Alternative, noch sind Sie eine für Deutschland." SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer lobte den Koalitionsvertrag für seine "klaren Ansagen für mindestens fünf Jahre gute Regierungszeit". An Selbstbewusstsein mangelt es Herrn Schweitzer jedenfalls nicht. sey

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