Kampf den Keimen: Gesundheitsbündnis zieht Bilanz

Berlin · Nach aktuellen Untersuchungen infizieren sich in deutschen Krankenhäusern jährlich bis zu 600 000 Patienten mit Keimen. Für bis zu 15 000 Patienten endet die Infektion tödlich.

Berlin. Das "Aktionsbündnis Patientensicherheit" sieht für die hohe Zahl an Krankenhausinfektionen insbesondere zwei Ursachen: mangelnde Hygiene und zu wenig Klinik-Personal. Doch es gibt auch Fortschritte, wie die Experten gestern in Berlin erläuterten. Wer sich ins Krankenhaus begeben muss, kann in aller Regel daruf vertrauen, dass er es auch gesund wieder verlässt. Wenn sich allerdings die Operationswunde entzündet, oder das künstliche Hüftgelenk nicht einwächst und noch eine Lungenentzündung hinzukommt, kann es gefährlich werden. "Auch wenn 70 Prozent der Infektionen auf mitgebrachten Keimen basieren, sind 30 Prozent intern verursachte Infektionen in den Kliniken schlicht zu viele", erläuterte die Vorsitzende des "Aktionsbündnisses Patientensicherheit", Hedwig Francois-Kettner. Der einst mit Unterstützung des Gesundheitsministeriums von Krankenkassen sowie Ärzte- und Pflegeverbänden gegründete Verein hat deshalb schon im Jahr 2008 die "Aktion Saubere Hände" mit initiiert. Dazu wurden Standards für eine Mindestausstattung mit Desinfektionsmittel-Spendern in Krankenhäusern definiert und Messmethoden für das Hygieneverhalten entwickelt.
Positive Entwicklung


Eine aktuelle Auswertung der Daten stimmt hoffnungsvoll. "Es gibt eine sehr große Bereitschaft, mehr zu tun", sagte Petra Gastmeier, Direktorin des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin der Berliner Charité. So ist der Verbrauch an Händedesinfektionsmitteln in den Krankenhäusern seit 2008 immerhin um 81 Prozent gestiegen. Obendrein führten direkte Beobachtungen des Klinikpersonals durch Hygiene-Fachkräfte dazu, dass den Standards zu 72 Prozent Genüge getan wird, was im internationalen Vergleich ein guter Wert ist - aber eben noch nicht gut genug. Gastmeier verwies auf aktuelle Untersuchungen, nach denen die Hände-Desinfektion auf Kinderstationen besser funktioniert als auf Stationen für Erwachsene. Auch würden es Ärzte mit der Hygiene weniger genau nehmen als etwa Pflegekräfte. "Pfleger lernen das in der Ausbildung, Ärzte eher in der Vorlesung", erklärt Gastmeier. Obendrein werde die Hygiene durch das Klinikpersonal nach einem Patientenkontakt besser beachtet als davor. "Dies verweist auf ein höheres Risikobewusstsein für den Selbstschutz als zum Schutz des Patienten", resümierte Gastmeier.

Personalausstattung wichtig


Nun sollten saubere Hände im Krankenhaus oder Pflegeheim eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Aber die Missstände lassen sich nicht nur auf die vermeintliche oder tatsächliche Sorglosigkeit der Mitarbeiter reduzieren. Auch das belegen Untersuchungen. Demnach hängt die Infektionsrate auch mit der Personalausstattung in einer Einrichtung zusammen. "Wenn sich das Pflegepersonal gehetzt fühlt, dann sind Maßnahmen wie die der Hygiene die ersten, die unterbleiben", erläuterte Gastmeier.
In der Politik werden solche Hilferufe durchaus verstanden. So hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) im Rahmen der geplanten Krankenhausreform ein Förderprogramm für die "Pflege am Bett" auf den Weg gebracht. Demnach sollen bis 2018 660 Millionen Euro bereitgestellt werden, um mehr als 6000 zusätzliche Pflegekräfte einstellen zu können. Kritiker halten das allerdings nur für einen Tropfen auf den heißen Stein. Denn in den letzten zehn Jahren wurden etwa 25 000 Pflegekräfte in den Krankenhäusern abgebaut. vet

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