Kein Totschlag

TRIER/NITTEL. Nach Abschluss der Beweisaufnahme hat die Staatsanwaltschaft ihre Anklage gegen eine 29-jährige Frau aus Nittel modifiziert. Sie soll ihren zwei Monate alten Sohn durch heftiges Schütteln tödlich verletzt haben, ohne dass eine Tötungsabsicht bestand.

Nach sechs Verhandlungstagen gab es im "Totschüttel-Prozess" gegen die Mutter des kleinen Sven die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung.Ankläger Eric Samel rückte dabei in einem wesentlichen Punkt vom ursprünglichen Vorwurf ab: Statt auf Totschlag (was eine zumindest bedingte Tötungsabsicht voraussetzt) plädierte er für eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Es sei "keine Frage, dass nur die Angeklagte als Täterin infrage kommt". Es habe sich nicht um Ungeschick im Umgang mit dem Säugling gehandelt, sondern um "gezielte Gewalteinwirkung", von der "auch ein Laie wissen musste, dass sie zu erheblichen Verletzungen führen muss". Die Mutter habe gegenüber dem Kind "aus Frustration und Unmut" gehandelt.

Eine Tötungsabsicht sah der Ankläger durch das Verfahren, in dem die Angeklagte zur Sache weitgehend schwieg, nicht nachgewiesen. Zwischen der bewussten, vorsätzlichen Inkaufnahme des Todes und dem fahrlässigen Riskieren sei "ein relativ schmaler Grat". Als erwiesen stufte Samel einen weiter zurückliegenden Fall ein, in dem das wenige Wochen alte Baby ebenfalls von der Mutter geschüttelt worden sei - allerdings ohne die tödlichen Folgen.

Angesichts des etwas niedrigeren Strafrahmens (bei Totschlag mindestens fünf Jahre, bei Körperverletzung mit Todesfolge mindestens drei) beantragte der Staatsanwalt sechs Jahre Haft für die Angeklagte, der er attestierte, sie sei "in normalen Zeiten durchaus sorgsam mit den Kind umgegangen".

Verteidigerin Anne Bosch räumte ein, nur ihre Mandantin käme für die Haupttat infrage. Eine frühere Misshandlung sah sie allerdings nicht als erwiesen an. Sie warb um Verständnis für die Lage der Angeklagten, die in der schwierigen Situation nach der Geburt durch den Umgang mit einem "Schreikind" überfordert gewesen sei. Sie sei "verzweifelt" gewesen und habe sich angesichts des mangelnden Interesses ihres Mannes "allein gelassen gefühlt".

Die 29-Jährige sei zudem "sehr einfach gestrickt" und "kaum in der Lage, mit komplexen Situationen umzugehen". Die Situation im Haus habe sich als desolat erwiesen. Wie die Staatsanwaltschaft sah die Verteidigung allerdings kaum Anhaltspunkte für einen "minder schweren Fall", etwa wegen einer unsteuerbaren Affekt-Situation. Bosch beantragte eine "gerechte Strafe", von der sie hoffe, dass sie noch unterhalb des Strafmaßes der Anklage bleibe.

Das Urteil des Schwurgerichts soll am 3. August verkündet werden.

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