Kommentar: Frisst der Ring seinen Geschäftsführer?

Die Revolution frisst ihre Kinder, hieß es vor mehr als 200 Jahren in Frankreich. Dieses Schicksal könnte auch Walter Kafitz drohen, seit 1994 Geschäftsführer der Nürburgring GmbH. Pardon, Hauptgeschäftsführer, wie er sich selbst nennt.

Kafitz hat an der Eifel-Rennstrecke die dritte revolutionäre Entwicklung nach 1927 und 1984 eingeleitet, indem er das Mega-Projekt "Nürburgring 2009" auf den Weg gebracht hat. Nach der Affäre um die mit Pauken und Trompeten geplatzte Privatfinanzierung, bei der die Ring-Verantwortlichen offenbar Betrügern auf den Leim gekrochen sind, fordert die CDU im Land seinen Kopf.

Kafitz verspürt nicht zum ersten Mal heftigen Gegenwind. Er hatte bereits maßgeblich das gescheiterte Engagement mit der "Bike World" zu verantworten. Dabei versuchte sich der Ring mit Hilfe einer Tochtergesellschaft in einem neuen Geschäftsfeld mit Motorradhandel. Am Ende wurde das Ganze eingestampft, drei bis vier Millionen Euro Verlust blieben hängen.

Der Landesrechnungshof hat dies in einem Jahresbericht ebenso angeprangert wie die seiner Ansicht nach zu hohen Gehälter der Geschäftsführung am Nürburgring. Lapidare, sinngemäße Antwort des Finanzministeriums seinerzeit: Gute Leute müsse man gut bezahlen.

Walter Kafitz ist anscheinend so gut, dass er nicht nur über ein nettes Gehalt, sondern auch über einen ungewöhnlichen Dienstwagen verfügt: Er fährt einen Aston Martin. Gerüchte besagen, er nutze auch schon mal einen Hubschrauber für eine Dienstreise, zum Beispiel zum Hockenheimring.

Nun hat der SPD-Mann aus Kaiserslautern Probleme: Offenbar hat er jene Geschäftspartner besorgt, mit denen die umstrittene Privatfinanzierung des neuen Freizeit- und Geschäftszentrums durchgezogen werden sollte und die ins Visier der Justiz geraten sind. Und dieser Tage macht der 58-Jährige auch mit missglückten Werbesprüchen, bei denen Arbeitnehmer zum "Blaumachen" aufgefordert wurden, von sich reden. Ministerpräsident Kurt Beck ficht das alles offensichtlich nicht an. Er hält eisern an Kafitz fest, wie er vergangene Woche verlauten ließ. Und nach TV-Informationen wurde Kafitz' Vertrag erst im März um fünf Jahre verlängert, als habe es die Irritationen um die dubiosen finanziellen Transaktionen beim Projekt "Nürburgring 2009" nie gegeben.

In Frankreich hat die Revolution ihre Kinder erst zwei Jahre nach dem berühmten Sturm auf die Bastille allmählich gefressen. Folgt man dem Lauf der Geschichte, darf man also annehmen, dass auch Walter Kafitz noch Zeit für sein grandioses Wirken hat. Wie sagte er dieser Tage in einem Interview: "Ich habe in den vergangenen Jahren 100 Millionen Euro am Nürburgring investiert." Er vergaß dabei nur zu erwähnen, dass es nicht sein Geld, sondern das der GmbH war. Die gehört zu 90 Prozent dem Land und zu 10 Prozent dem Kreis Ahrweiler und damit den Steuerzahlern.

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