Kommunalreform Kommunales Kartenspiel

Mainz/Trier · Gutachter mahnen das Land zu Gebietsfusionen. Innenminister Lewentz greift aber nicht alle Wünsche auf. Er zieht zwei rote Linien.

 Mögliche Gebietsfusionen nach den Vorstellungen der Gutachter.

Mögliche Gebietsfusionen nach den Vorstellungen der Gutachter.

Foto: TV/Schmitz, Alexandra

Fünf dicke Aktenordner liegen auf einem Tisch des Besprechungsraums im rheinland-pfälzischen Innenministerium. 1500 Blatt Papier füllen die Ordner, über die Bürger, Landräte und Parteien seit Tagen hitzig diskutieren. Es sind die Gutachten für die Kommunalreform in Rheinland-Pfalz. Sie sollen dem Land den Weg bahnen, wie Kreise, Städte und Behörden sich für die kommenden Jahrzehnte wappnen können – und wo es harte Schnitte geben soll.

Die Gutachter stellten am Donnerstag ihr Werk vor. Da brisante Inhalte über Medien bereits an die Öffentlichkeit gesickert sind, steht aber ein anderer Mann im Fokus: Innenminister Roger Lewentz, der ursprünglich mit seinem saarländischen Kollegen Klaus Bouillon in Trier die Onlinewache eröffnen wollte, angesichts der Enthüllungen und Proteste im Land aber seinen Staatssekretär Günter Kern an die Mosel schickte (siehe Seite 2). „Ich darf Sie zum vorgezogenen 10. Dezember begrüßen“, ruft Lewentz wiederum den Journalisten in Mainz an diesem Nikolaustag fröhlich zu. Und fügt – deutlich nachdenklicher – an: „Keiner ist aus dem Prozess ausgestiegen. Das ist ein gutes Signal.“

Besonders die drohende Gebietsreform erhitzt die Gemüter. Kritiker warnen vor wegbrechenden Verwaltungen, was Einwohnern weite Wege zumute. Ein gemeinsamer Kreis aus Bitburg-Prüm und Vulkaneifel, so murren die Landräte, sei fast so groß wie das Saarland. Wie, so fragen sie, solle sich ein 18-Jähriger für einen Kreistag begeistern, wenn er länger als eine Stunde fahren müsse?

Martin Junkernheinrich, einer der beiden Gutachter, sieht das kritischer. Viele Kreise seien in 30, 40 Jahren nicht mehr zukunftsfähig, mancher Kreis sei bereits jetzt stark belastet, meint Junkernheinrich. Oft fehle es kleinen, verschuldeten Verwaltungen auch an ausreichend Bewerbern – wie bei Bauingenieuren.

Die Gutachter spielten mit mehreren Szenarien, in denen Gebiete fusionieren könnten. Im heftigsten Fall dachten sie gar an rheinland-pfälzische Kreise, die im Schnitt 350 000 Einwohner haben sollten, wo es nun gut 125 000 sind. „Das Modell schien uns aber nicht zu den rheinland-pfälzischen Besonderheiten zu passen“, beschwichtigt Junkernheinrich. Eher könnte da schon die Idee greifen, wonach die Zahl der Kreise von 24 auf 14 sinken soll und von den kreisfreien Städten nur die Oberzentren mit mehr als 100 000 Einwohnern bestehen bleiben – wie Trier (siehe Grafik). Fusionierte Kreise, so Junkernheinrich, seien bis zu acht Prozent preiswerter.

Innenminister Roger Lewentz hat bislang zwei rote Linien gezogen. Er lehnt es ab, Frankenthal – wie von den Gutachtern angeregt – mit Ludwigshafen zusammmenzulegen. Kleine Ortsgemeinden unter 300 Einwohnern will er erhalten, wo die Experten eine Mindestgröße für Dörfer anregen. Ansonsten werbe er für verträgliche Lösungen. Mit CDU und kommunalen Spitzenverbänden will er weiter sprechen. Er zeigt sich offen für deren Idee, eine stärkere freiwillige Zusammenarbeit unter Kommunen prüfen zu lassen. Bis 2021 sollen zur Reform „grundsätzliche Vereinbarungen“ stehen. Ein Gesetz könne das Land in der kommenden Legislaturperiode verabschieden.

Gutachter Jan Ziekow schwant bereits, dass nicht alle Wünsche in die Kommunalreform einfließen. „Es wäre schon ganz gut, wenn Rheinland-Pfalz vom Flickenteppich zur schönen Patchwork-Decke wird.“

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