Kurzer Prozess

TRIER. Weil er ein Eifeler Speditionsunternehmen fast in den Ruin geritten hat, muss ein 44-jähriger Buchhalter aus dem Altkreis Prüm für fast dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Das hat gestern Nachmittag das Trierer Landgericht entschieden.

Den kurzen Prozess gibt's tatsächlich, nicht nur bei Richterin Barbara Salesch im Fernsehen. Nach nur etwas mehr als zwei Stunden ist für den 44 Jahre alten Angeklagten am Dienstagnachmittag im Trierer Landgericht alles vorbei: Drei Jahre und vier Monate Haft wegen gewerbsmäßigen Betrugs lautet am Ende das Urteil von Chef-Richterin Irmtrud Finkelgruen. Keine echte Überraschung, denn im Vorfeld der Verhandlung hatten sich Gericht, Staatsanwalt und Verteidigung bereits geeinigt: Wenn der Angeklagte "singt", kommt er mit einer Gefängnisstrafe unter vier Jahren davon. Kein schlechter Nachlass, denn bis zu zehn Jahren Haft hätten es im Extremfall werden können. Die Absprache, auch "Deal" genannt, klingt nach Mauschelei hinter verschlossenen Türen, hat aber durchaus etwas für sich - gerade in einem komplizierten Prozess, in dem hunderte Einzeltaten angeklagt sind. Die vom Bundesgerichtshof ausdrücklich abgesegneten Verfahrensabsprachen beschleunigen den Prozess, sparen Kosten und Nerven. Der Angeklagte gibt sich vor Gericht denn auch als reuiger Sünder. Eine ganze Stunde lang hat Staatsanwalt Gerrit Günther zuvor die Anklage verlesen - mehr als 220 Betrügereien penibel aufgelistet, ohne dabei aus der Puste zu kommen. Mal Kleckerbeträge, mal zigtausend Euro

Die Masche, mit der der gelernte Steuerfachgehilfe seinen Chef jahrelang übers Ohr gehauen hat, bis dessen Spedition kurz vor der Pleite stand, war denkbar einfach: Er fälschte Unterschriften auf Schecks und ließ sich das Geld bar auszahlen. Mal waren es Kleckerbeträge, mal zigtausend Euro. Summa summarum 1,2 Millionen Euro soll der betrügerische Buchhalter so in fünf Jahren beiseite geschafft haben, bis sein misstrauisch gewordener Chef und ein neuer Steuerberater dem Gauner auf die Schliche kamen. Da stand, wie gesagt, die 1949 gegründete Spedition Rothschild mit Stammsitz im Kreis Daun (130 Angestellte, 70 Fahrzeuge, mehrere Niederlassungen) kurz vor dem wirtschaftlichen Exitus. Von dem finanziellen Aderlass hat sich das Unternehmen nach Angaben von Firmenchef Herbert Rothschild immer noch nicht ganz erholt. "Die hohen Zinsbelastungen, der permanente Druck von den Banken", klagt er in einer Verhandlungspause. 380 000 Euro hat ihm sein geschasster Buchhalter (Monatsverdienst: 3300 Euro brutto) zwar zwischenzeitlich zurückgezahlt. Doch dass es wesentlich mehr wird, wie der Angeklagte zugesagt hat, glaubt Rothschild nicht: "Da ist schon viel beiseite geschafft worden." Was der 44-jährige Familienvater mit dem Geld gemacht hat, spielt in dem Kurz-Prozess keine Rolle. Ein schmuckes Anwesen, teure Pferde, Vermögensanlagen, hieß es vorher. Wenn der Eifeler sich im Gefängnis schickt, ist er wohl in einem guten Jahr wieder draußen.

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