Lars Brocker Favorit für höchstes Richteramt

Mainz · In der rheinland-pfälzischen Justiz steht die nächste wichtige Personalentscheidung an. Diesmal geht es um das höchste Richteramt im Land, den Chef des Verfassungsgerichtshofes. Es bahnt sich eine Lösung an, die auf Landtagsdirektor Lars Brocker hinausläuft. Seinen Posten könnte der ehemalige Bitburg-Prümer Landratskandidat Paul Glauben bekommen.

 Lars Brocker. Foto: privat

Lars Brocker. Foto: privat

Mainz. Vor 30 Jahren trällerte sich Schlagerstar Nicole mit dem Lied "Ein bisschen Frieden" zum Sieg beim Eurovision Song Contest. Sehnsucht nach ein bisschen Frieden verspüren auch Justizminister Jochen Hartloff (SPD) und die rot-grüne Koalition in Mainz. Sie wollen unbedingt die Wogen in der Justiz glätten.
Jahrelang hat das Tauziehen um die Besetzung des Präsidentenpostens am Oberlandesgericht (OLG) Koblenz die Justiz aufgewühlt, ehe diese Woche der einst unterlegene Bewerber Hans-Josef Graefen nach einer letztlich erfolgreichen Konkurrentenklage ins Amt kam. Reichlich Ärger und Protest gibt es auch bei der geplanten Justizreform. Mit großer Spannung werden die für März angekündigten Ergebnisse der unabhängigen Hill-Kommission erwartet.
Bewerber aus Rheinland-Pfalz


In diesem Zusammenhang das wichtigste Richteramt im Land neu zu besetzen, birgt Zündstoff. Karl-Friedrich Meyer, seit 1996 Präsident des Oberverwaltungsgerichtes Koblenz und in Personalunion Chef des Verfassungsgerichtshofes, scheidet Mitte des Jahres aus. Sein Stellvertreter Wolfgang Steppling kurz darauf.
Die öffentliche Bewerbungsfrist ist abgelaufen. Nach TV-Informationen gibt es fünf Bewerber, darunter eine Frau. Alle stammen aus Rheinland-Pfalz. Das Beurteilungsverfahren steht kurz vor dem Abschluss. Es obliegt Justizminister Hartloff, dem Präsidialrat der Verwaltungsgerichtsbarkeit einen Vorschlag zu machen. Dessen Votum geht an den Richterrat, der dem Richterwahlausschuss eine Empfehlung macht. Letzterer entscheidet.
Minister will Einvernehmen


Hartloff sagt auf TV-Anfrage: "Ich werde meinen Vorschlag im Februar machen und möchte das rechtlich korrekt sowie möglichst einvernehmlich regeln." Um der Gefahr einer Konkurrentenklage zu begegnen, die am OLG Koblenz mit den beiden Bewerbern Hans-Josef Graefen und Ralf Bartz für so viele Negativschlagzeilen gesorgt hat, will der Minister mit allen Kandidaten sprechen. Sein Eindruck: "Alle Bewerber sind hochqualifiziert."
Die Entscheidung fällt ein mehrheitlich politisch besetztes Gremium, der Richterwahlausschuss. Ihm gehören jeweils drei Landtagsabgeordnete von SPD und CDU, zwei der Grünen sowie zwei Richter und ein Rechtsanwalt an. Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler, eines der Mitglieder, pocht auf eine "rechtssichere Entscheidung frei von politischem Gezänk". Die formalen Kriterien müssten eingehalten werden. Das Prinzip der Bestenauslese müsse gelten. Ähnlich argumentiert SPD-Fraktionschef Hendrik Hering, ebenfalls Mitglied im Richterwahlausschuss.
Nach TV-Informationen haben Lars Brocker (44), seit Juli 2007 Landtagsdirektor, und Ralf Bartz (61) die besten Chancen. Brocker war Justitiar der SPD-Landtagsfraktion, Leiter des wissenschaftlichen Dienstes des Landtags, ein Jahr Richter am Amtsgericht Mainz und hat Verschiedenes zum Verfassungs- und Parlamentsrecht veröffentlicht. Bartz war Präsident des Landessozialgerichtes und von November 2007 bis Januar 2011 Präsident des OLG Koblenz, ehe er nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes Leipzig diesen Posten räumen musste.
Rot-Grün will CDU einbinden


Ein bisschen Frieden in der Justiz: Daran liegt Rot-Grün viel, weshalb man im Richterwahlausschuss ein einhelliges Votum auch mit den Stimmen der CDU anstrebt. Die Lösung könnte folgendermaßen aussehen: Landtagsdirektor Lars Brocker (SPD), der durchaus überparteilichen Respekt genießt, wird Präsident des Verfassungsgerichtshofes. Sein bisheriger Posten fällt an die Union. Das könnte einen Sprung auf der Karriereleiter für Paul Glauben bedeuten. Der Abteilungsleiter wissenschaftliche Dienste der Landtagsverwaltung, praktisch Stellvertreter von Brocker, kandidierte einst für die CDU als Landrat im Kreis Bitburg-Prüm.
Käme es dazu, bliebe für Justizminister Jochen Hartloff noch ein Problem zu lösen: Er müsste Konkurrentenklagen verhindern und insbesondere für Ralf Bartz eine langfristige Lösung finden. Dieser ist nach seinem Ausscheiden als OLG-Präsident Leiter der Abteilung Aus- und Fortbildung im Justizministerium, die für ihn geschaffen wurde.
Extra

 Paul Glauben. Foto: TV-Archiv

Paul Glauben. Foto: TV-Archiv

Dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz gehören 25 Richter und 40 Mitarbeiter an, so dass dessen Präsident zugleich eine Behörde leitet. Es führt jährlich rund 1500 Verfahren. Die rheinland-pfälzische gilt als die schnellste Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland. Das OVG führt auch die Geschäfte des Verfassungsgerichtshofes. Diesem gehört unter anderem der Trierer Professor Gerhard Robbers als ordentliches Mitglied an.fcg

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